Sieg für Mister X

KULTURAUSTAUSCH Das Mentorenprogramm „Güven – Vertrauen“ bringt deutsche MentorInnen mit türkischstämmigen Kindern zusammen. Vom Austausch der Kulturen sollen beide Seiten profitieren

„Du kriegst mich nie!“ Der kleine Alp blickt frech unter seiner Schirmmütze hervor. Er ist auf der Flucht. Als Mr. X im Brettspiel „Scotland Yard“. Alexander Koch ist ihm auf den Fersen, aber Mr. X ist pfiffig.

Alp ist elf Jahre alt. Seine Eltern sind Türken und leben in Deutschland. Die Mutter betreibt ein kleines Café, der Vater arbeitet als Ingenieur. Seit vier Monaten trifft sich der Junge mit dem 29-jährigen Alexander Koch – auf Vermittlung des Hamburger Projekts „Güven - Vertrauen“. Dieses Programm bringt seit Herbst 2008 Mentoren mit Kindern türkischer Eltern zusammen. So sollen sich Freundschaften entwickeln, die Kinder gefördert und gleichzeitig ein Beitrag zum interkulturellen Dialog geleistet werden.

„Güven – Vertrauen“ ist eine Initiative der Bürgerstiftung Hamburg und der Türkischen Gemeinde. Über 20 „Tandems“gibt es schon. „Wir suchen noch Mentoren“, sagt Projektkoordinatorin Lena Blum. Es gebe viele Anmeldungen von Kindern, aber noch nicht genug Ehrenamtliche.

Alexander ist einer der freiwilligen Mentoren, seit Dezember trifft er Alp jede Woche. Die beiden waren im Altonaer Museum, beim chinesischen Neujahrsfest, Minigolf spielen, einmal haben sie Alps Familie besucht. Heute ist Alp zum ersten Mal bei seinem Mentor und dessen Freundin zu Hause. „Ich habe schon früher immer viel mit Jugendgruppen gearbeitet, seit meinem Studium fehlte mir das“, sagt Alexander Koch. Für ihn sind die Treffen eine Abwechslung von der Arbeit als Ingenieur.

Koch hat als Kind und während des Studiums in Mexiko, Italien, Spanien und Frankreich gelebt. Immer sei er dort sehr freundlich aufgenommen worden, sagt er. „Die Deutschen tun sich da oft etwas schwer.“

Fatma Temel, Alps Mutter, hat ihren Sohn zu dem Projekt geschickt, weil die Familie in Deutschland keine Verwandten hat. Sie wünschte sich einen Ansprechpartner für Alp, eine Bezugsperson außerhalb der Familie, von der ihr Sohn lernen kann. Bevor Alp sich mit Alexander traf, sei er viel weniger selbstbewusst gewesen und habe sich freies Sprechen nicht zugetraut, sagt sie. Mittlerweile zeige er keine Scheu mehr.

Mit einem Grinsen positioniert Alp seine Figur auf dem Spielfeld –weit weg von dort, wo Alexander steht. Er hat ihn ausgetrickst. „Hast du auch nicht geschummelt?“, fragt sein Mentor. Alp schüttelt den Kopf, die Schirmmütze, die ihn als Mr. X ausweist, verrutscht dabei leicht. „Nee, gar nicht!“ Er zeigt den Zettel, auf dem seine Spielzüge notiert sind. Klarer Fall. Er hat gewonnen. LISA FRANKENBERGER

„Güven-Vertrauen“:

☎  040–41 36 60 94