Neue Initiativen der Opferhilfe

JUSTIZ Niedersachsen und Schleswig-Holstein unterstützen Verbrechensopfer

Das Opfer eines Verbrechens kommt im Strafrecht in aller Regel zunächst nur in der Rolle des Tatzeugen vor. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften, der Strafprozess und die Arbeit der Strafjustiz kreisen um die Schuld des Täters. Doch hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, um die oft traumatisierten und schwer unter den Folgen einer Tat leidenden Opfer besser zu unterstützen.

Im nächsten Jahr etwa feiert die niedersächsische Stiftung Opferschutz ihr zehnjähriges Jubiläum. Sie ist eine öffentliche, vom Land Niedersachsen ins Leben gerufene Einrichtung mit enger personeller Anbindung an die Justiz, die bestehende Lücken in der professionellen Betreuung von Verbrechensopfern schließen soll. In jedem Landgerichtsbezirk unterhält die Stiftung ein Opferhilfebüro, in dem sich Spezialisten des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) um psychosoziale Hilfe, Vermittlung zu Therapieangeboten, Hilfe bei Anträgen oder die Begleitung zu belastenden Gerichtsterminen kümmern. Auch finanziell hilft die Stiftung, die im vergangenen Jahr rund 1.700 Menschen betreute, bei Bedarf.

In Schleswig-Holstein existiert seit 2009 eine ähnliche Stiftung. Die Landesstiftung Opferschutz ist ebenso wie ihr niedersächsisches Pendant nicht als Konkurrenz zu dem seit Jahrzehnten bestehenden Netzwerk des Weißen Rings angelegt, bei dem ehrenamtliche Helfer – oft frühere Polizisten – sich privat für die Betreuung von Verbrechensopfern engagieren. Vielmehr ist sie mit dem Verein eng verzahnt, ebenso wie mit Frauenhäusern, Kinderschutzzentren oder Nothilfeeinrichtungen für Gewaltopfer. Die vom Justizministerium finanzierte Stiftung mit einem Kapital von 1,5 Millionen Euro soll vor allem dort finanziell ergänzend einspringen, wo die Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz an ihre Grenzen stößt.

Auch in Niedersachsen hält es die Opferschutz-Stiftung so. Dort entscheidet in jedem der elf Landgerichtsbezirke ein regionaler Vorstand, bestehend aus einem Richter, einem Staatsanwalt und einem Vertreter des Weißen Ringes über finanzielle Hilfen, erklärt der Stiftungs-Geschäftsführer Stefan von der Beck.

Dabei geht es etwa um die Übernahme von Therapiekosten oder um kleine, ganz praktische Lebenshilfen für schwer traumatisierte Gewalt- oder Missbrauchsopfer. „Das geht hin bis zu den Kosten für die Haltung eines Meerschweinchens“, berichtet von der Beck von einem Fall, bei dem die Stiftung einem Opfer half, sein Haustier zu behalten.

Das Geld der Stiftung, die vom Land mit einem Grundkapital von einer Million Euro ausgestattet wurde und zudem auch Einnahmen aus Bußgeldern zugesprochen bekommt, fließt teilweise auch in Schutzprojekte. Etwa einen Zaun für das Gelände eines Frauenhauses, sagt Stefan von der Beck, selbst Richter und Leiter des ASDJ. Aber es geht bei der Arbeit der Stiftung nicht nur um Geld, im Gegenteil: Nur ein knappes Drittel derjenigen, die 2009 in den Opferhilfebüros betreut wurden, bekamen finanzielle Hilfe, sagt von der Beck.

„In den Büros können die Opfer sich beraten lassen oder auch nur einfach erzählen, was ihnen wiederfahren ist“, sagt von der Beck. Bei der Arbeit der Stiftung soll es gerade auch darum gehen, Lücken im alltäglichen Umgang von Justiz und Behörden mit den Opfern zu schließen. „Sie kann sie – gewissermaßen von innen heraus – weiter für den Opferschutz sensibilisieren“, sagt von der Beck.

Dazu zählt etwa auch die Begleitung zu Gerichtsterminen. In vielen Bundesländern wird in letzter Zeit mit Modellen experimentiert, Verbrechensopfer vor und bei ihren Aussagen etwa durch Justiz-Referendare betreuen zu lassen. Am besten sei es aber, wenn die Begleiter speziell ausgebildet seien, sagt von der Beck. SEBASTIAN BRONST