Die Schokoladenseite

BERLINER GRÜNDERCHAMPIONS 2010 Eine ausgezeichnete Idee: Bei Chocri kann man sich online individuelle Schokotafeln zusammenstellen

Riesige Nachfrage: Wir waren von unserem Erfolg überrascht und überfordert

VON SIBYLLE MÜHLKE

Schokolade mögen fast alle. Schokolade ist auch die Hauptzutat der Geschäftsidee, mit der Franz Duge und Michael Bruck im September 2008 ihr Start-up Chocri auf den Erfolgsweg gebracht haben: Online können sich Schokophile süße Tafeln ganz nach dem eigenen Geschmack zusammenklicken. Zur Wahl stehen verschiedene Grundschokoladen und zahlreiche unterschiedliche Beläge, die in der Chocri-Produktion auf die noch flüssige Tafel gestreut werden – von klassischen Rosinen und Mandeln bis zu Wasabi-Nüssen und Gummibären.

Mit Essen spielen macht eben Spaß. Und die Anpassung von Produkten an Kundenwünsche liegt ohnehin voll im Trend, nicht nur bei Schokolade. Via Internet dürfen sich massenmarktmüde Konsumenten Tee, Müsli, T-Shirts, Handy-Sticker, Parfüms, Hemden, Möbel, Taschen und vieles Andere individualisieren, bevor sie auf den Kaufen-Button klicken.

Den beiden Chocri-Erfindern kam vielleicht auch das in den letzten Jahren gestiegene Qualitätsbewusstsein für das Produkt Schokolade zur Hilfe. Außerdem setzen sie auf fair gehandelte Zutaten und Bio, soweit es geht. Und von jeder verkauften Tafel geht ein Prozent an ein Kinderhilfsprojekt in der Elfenbeinküste. So entspricht Chocri auch dem zunehmenden Wunsch nach bewusstem Konsum.

Der schokoladige Online-Shop ist jedenfalls ein Erfolg, fast vom ersten Tag an. Chocri gilt als Vorzeigeunternehmen in Sachen individualisierte Massenproduktion und wurde schon 2009 mit einem Gründerpreis ausgezeichnet. Und die Zahlen stimmen auch. „Unsere Umsätze waren bereits 2009 doppelt so hoch wie das, was wir uns als geplanten Jahresumsatz für 2013 in die Kalkulation geschrieben haben“, sagt Franz Duge. Inzwischen ist Chocri eine GmbH mit 30 Beschäftigten, die ihre Schokotafeln von Berlin aus in ganz Europa und den USA vertreibt.

Mit ihrem Produkt verbindet die jungen Berliner Gründer aufrichtige Begeisterung. „Wir essen sie selbst gern“, antwortet Duge auf die Frage, wie sie auf Schokolade gekommen seien. Vor dem Start von Chocri hatten die beiden einen Vertrieb für Schokoladenbrunnen. Die erste individuelle Schokoladentafel war ein Geburtstagsgeschenk für eine Freundin, daraus entstand die Geschäftsidee. Ganz so locker, wie sich der Gründungsmythos anhört, war es dann aber wohl doch nicht. „Wir haben schon unternehmerische Leidenschaft. Mit Chocri wollten wir alles richtig machen“, sagt Franz Duge. Auf klassische Marktforschung wurde verzichtet. Stattdessen sicherten sich die beiden Gründer frühzeitig die Unterstützung derer, auf die es schließlich ankommt – der späteren Kunden.

Preismodell, Zutaten, Verpackung: Alles wurde im Dialog über den Blog entwickelt

Bereits Monate bevor die Produktion richtig anlief, startete das Chocri-Blog. Durch den Versand erster Probetafeln wurden Blogger auf das neue Angebot aufmerksam gemacht und lieferten den Gründern fortan wichtigen Input. „Das war für uns super-hilfreich“, berichtet Franz Duge. „Preismodell, Zutaten, Verpackung, die Farbe der Webseite – wir haben fast alles im Dialog entwickelt. So wussten wir genau, was die Leute wollen.“ Finanziert wurde zunächst alles aus eigener Tasche: die erste Produktionsstätte war 30 Quadratmeter groß.

Absatzschwierigkeiten hatte das Schoko-Start-up nie. „Eigentlich ging es von Anfang an gut los – und in den letzten Jahren kontinuierlich bergauf“, erzählt Duge. Was so beneidenswert klingt, stellte das junge Unternehmen aber auch vor ernste Schwierigkeiten – bei der Produktion. Dem Ansturm der Bestellungen konnte man nicht immer gerecht werden, auch Pannen gab es. Denn Schokolade ist temperatursensibel, selbst geringe Abweichungen von der Idealtemperatur beim Schmelzen lassen das Endprodukt unansehnlich werden. So musste vor Weihnachten letzten Jahres ein Bestellstopp verhängt werden, Muttertagsschokolade konnte nicht fristgerecht verschickt werden. „Wir waren von unserem Erfolg überrascht und überfordert“, so Duge. „Wir haben dann viel ausprobiert und uns auch von anderen Gründern Rat geholt“.

Inzwischen ist der Online-Chocolatier den Kinderschuhen entwachsen. Im Mai zog die ganze Firma nach Hohenschönhausen, hier werden bis zu 5.000 Tafeln täglich produziert. Und seit einem Monat ist ein finanzkräftiger Partner mit an Bord. Fast pünktlich zum zweijährigen Unternehmensjubiläum stieg Ritter Sport mit 33 Prozent beim Online-Schokoshop ein. Franz Duge ist begeistert: „Für uns ist das eine geschäftliche Traumpartnerschaft.“ Von der KfW Bankengruppe wurde Chocri nun mit dem Unternehmenspreis Berliner GründerChampion 2010 ausgezeichnet. Das mit dem Richtigmachen scheint ja irgendwie geklappt zu haben.