Gemeinsam gegen die Großen

MARKTLÜCKE Ein Bremer Unternehmen klagt für Gaskunden gegen Versorger

Der Deal, den Metaclaims den Bremern anbot, ist eine eher seltene Kombination aus Prozessfinanzierung und Abtretung und produziert eine lukrative Streitsumme durch Masse

Geschichten wie aus Amerika, wo sich tausende Raucher mit einer Sammelklage 145 Milliarden Dollar von der US-Tabakindustrie erstritten, sind in Deutschland nicht möglich. Doch Energieversorger haben hierzulande bereits Erfahrungen mit Verbrauchern gemacht, die im Kollektiv klagen.

In Hamburg klagten im Jahr 2005 rund 50 Gaskunden erfolgreich gegen die Preiserhöhungen von Eon Hanse. Sie traten in sogenannter Streitgenossenschaft auf, doch weil das Wort für die Medien zu sperrig erschien, übernahm man den Begriff der Sammelklage, erklärt der Hamburger Anwalt Joachim Bluhm.

In Bremen waren die Klagen gegen den dortigen Gasanbieter SWB inzwischen sogar vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat sich nun die Rückforderungsansprüche einiger SWB-Kunden abtreten lassen und klagt selbst gegen SWB. Doch die Verbraucherzentralen sind gemeinnützige Organisationen und können nur in begrenztem Umfang klagen. Um die übrigen Gasbezieher in Bremen nicht allein dem Risiko eines Prozesses zu überlassen, hat ihnen die Verbraucherzentrale empfohlen, sich der Sammelklage der Metaclaims GmbH anzuschließen. Die Firma ist ein sogenannter Prozesskostenfinanzierer. Prozessfinanzierung ist eigentlich das Geschäft großer Anbieter wie der Allianz oder Solvantis. Gegen eine Erfolgsbeteiligung übernehmen sie das finanzielle Risiko von Gerichtsverfahren. Voraussetzung ist meist ein Streitwert in fünfstelliger Höhe. Der Deal, den Metaclaims den Bremern anbot, ist eine eher seltene Kombination aus Prozessfinanzierung und Abtretung und produziert eine lukrative Streitsumme durch Masse: Die Geschädigten treten sämtliche Rückzahlungsansprüche gegen SWB an das Unternehmen ab, die im eigenen Namen alle Forderungen gebündelt geltend macht. Dafür, dass sie allein das finanzielle Prozessrisiko trägt, behält die Firma im Erfolgsfall ein Drittel der erstrittenen Summe ein. Laut Metaclaims-Geschäftsführer Sven Hezel konnten für die Klage rund 500 Teilnehmer gefunden werden.

Metaclaims operiert in einer Marktlücke, denn Erfolgshonorare zu vereinbaren wie in Amerika ist deutschen Rechtsanwälten verboten. Der Deutsche Anwaltverein warnt vor dem Einzug echter Sammelklagen in das Prozessrecht: „Mit dem Abtritt der Forderungen geht die Kontrolle über die Ansprüche verloren“, sagt Vorstandsmitglied Herbert Schons. Viele könnten weniger bekommen, als ihnen rechtlich zustehe, nur weil es sich für den Klagenden rechne, einen niedrigeren Vergleich zu erzielen, sagt er. Für Joachim Bluhm ist dies nebensächlich: „Der Arbeitsaufwand einer Sammelklage ist beträchtlich. Wenn finanzielle Absichten dahinter stehen, ist das in Ordnung.“ Das sei besser, als wenn das Geld bei den Konzernen bleibe. JOHANN LAUX