Öko + Fair = satt

ESSEN Die meisten Hungernden sind Kleinbauern, die richtigen Anbaumethoden können ihnen zu genügend Nahrung verhelfen

Ökolandbau: höhere Erträge, keine Kosten für Mineraldünger, Pestizide oder Saatgut

VON OLE SCHULZ

Weltweit hungern nach UN-Angaben derzeit über eine Milliarde Menschen. Damit ist das zentrale Millenniums-Entwicklungsziel, die Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, in weite Ferne gerückt. Dabei leben viele der Betroffenen dort, wo die Nahrungsmittel produziert werden: „Rund zwei Drittel der Hungernden wohnen auf dem Land und sind Kleinbauern“, sagt Agnes Bergmeister vom Ökoanbauverband Naturland. Gleichzeitig betrieben die Länder des Nordens, so Bergmeister, weiterhin eine Agrarpolitik der Massenproduktion und des ungebremsten Exports, welche bäuerliche Strukturen weltweit ruiniere.

Zur Förderung einer nachhaltigen ländlichen Entwicklung hat Naturland daher gemeinsam mit dem Weltladen-Dachverband im Vorjahr die Kampagne „Öko + Fair ernährt mehr“ gestartet. „Dass Öko und Fair miteinander in Zusammenhang stehen, ist vielen Verbrauchern noch nicht so bewusst“, sagt Bergmeister, die für Naturland die Kampagne leitet. Kernforderungen sind dabei die Förderung von Kleinbauern und ihrer Selbstorganisation sowie die Abschaffung der Exportsubventionen und die Beendigung der Überschussproduktion. „Durch kleinbäuerliche Strukturen können sich die Menschen selbst versorgen, und die Landflucht wird verringert“, so Bergmeister.

Zum Auftakt der Kampagne wurde eine Studie bei der Uni Kassel und dem Deutschen Institut für Tropische und Subtropische Landwirtschaft (DITSL) zum Thema „Ökologische Landwirtschaft und Fairer Handel in Entwicklungsländern“ in Auftrag gegeben. Demnach gehen in den Ländern des Südens die Ernteerträge trotz technischer Innovation durch die „Grüne Revolution“ oft zurück. Ein wesentlicher Grund ist die zunehmende Bodendegradierung. „Vieler der eingesetzten Hochleistungssorten brauchen viel Dünger. Es werden den Böden Nährstoffe entzogen, die Böden dadurch leichter ausgewaschen“, sagt Agnes Bergmeister von Naturland.

Genau hier setzt die Verbindung von Öko und Fair an: Faire Produktionsbedingungen sollten sinnvollerweise durch Methoden des Ökolandbaus ergänzt werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Dabei sind ökologische Lebensmittel für den Großteil der Bevölkerung der armen Länder nicht der Hauptbeweggrund für eine ökologische Landwirtschaft. „Es geht primär darum, die Bodenfruchtbarkeit mit Methoden des Ökolandbaus zu erhöhen“, so Bergmeister. Zudem sei das auch noch preisgünstiger, weil keine Kosten für Mineraldünger, Pestizide oder Saatgut anfallen.

Allerdings zeigt die Kampagnen-Studie auch, dass intensivierter Ökolandbau auf den häufig schlechten Böden in den Ländern des Südens nicht immer die beste Lösung sein muss: Bei extrem ausgelaugten Böden könne unter Umständen, heißt es in der Studie, „nicht eine radikale Umstellung auf ökologischen Landbau das Mittel der Wahl“ sein, sondern ein Ansatz „integrierter Landwirtschaft“, um Voraussetzungen „für die Regenerierung der Böden zu schaffen“ und gleichzeitig in dieser Übergangsphase „existenzsichernde Erträge zu erzielen“. Zudem wurden in der Studie „Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung“ als zentrale Punkte ausgemacht. Daher würde „besonders in den sehr armen und strukturschwachen Gebieten“ der Erfolg von Ökolandbau und fairem Handel „maßgeblich von der Anwesenheit von NROs und Entwicklungsprojekten“ abhängen.

Mittlerweile wurden im Rahmen der Kampagne „Öko + Fair ernährt mehr“ auch zwei Fallstudien zu Mais und Reis erstellt und die PR-Trommel kräftig gerührt: Der Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) wurden etwa 25.000 Postkarten mit den Kernforderungen überreicht. Jetzt läuft die erste Phase der Kampagne aus, und in einem zweiten Schritt sollen nun mehrere ausgewählte Kooperativen die theoretischen Erkenntnisse praktisch umsetzen. Dabei soll es auch die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Süden und Norden geben: „Über das Web 2.0 sollen Produzenten mit den Konsumenten in Deutschland direkt miteinander in Kontakt treten können“, so Bergmeister.

■ Infos zu „Öko + Fair ernährt mehr“: www.oekoplusfair.de