Gardinen verboten

EINRICHTUNG Home-Stager setzen Immobilien in Szene, damit sie sich besser vermitteln lassen. Zurückhaltung ist oberstes Gebot

„Die meisten können sich nicht vorstellen, was man aus einem Raum machen kann“

Kristin Schildt, Home-Stagerin

VON CHARLOTTE ZINK

Knallig blauer Teppichboden, Omas Biedermeier-Schrank oder bunte Nippes-Figürchen sind nicht jedermanns Sache. Genau deshalb können sie den Verkauf einer Immobilie erschweren – auch wenn es dabei ja eigentlich um Räume und Lage geht. Um derartige Hürden aus dem Weg zu schaffen, engagieren immer mehr Makler Home-Stager. Deren Aufgabe ist es, Wohnräume so herzurichten, dass bei potenziellen Kunden ein positiver Eindruck erweckt wird: „Wir achten besonders auf Details“, sagt die Hamburger Home-Stagerin Kristin Schildt. „Vollgestopfte Bücherregale zum Beispiel müssen nicht sein.“

Die Home-Stagerin ist mit dieser Strategie erfolgreich: Eine Wohnung im fünften Stock mit einer sechsspurigen Straße vor der Tür, die schon Monate inseriert war, konnte der Immobilienmakler Jorge von Lenthe Campos mit Schildts Hilfe innerhalb von wenigen Wochen vermitteln. „Bei den Kunden muss das Bauchgefühl stimmen“, sagt der Makler. „Dazu trägt die richtige Atmosphäre entscheidend bei.“

Angerufen wird die Home-Stagerin, wenn in einer Immobilie Möbel stehen, die nicht zu der Generation passen, die sich für das Objekt interessiert. Häufig soll sie aber auch leeren Zimmern in Neubauten eine warme Ausstrahlung verleihen. Es gibt allerdings Einschränkungen, einige Eigentümer wollen zum Beispiel keine Löcher in den Wänden haben. Dann heißt es: Bilder und Gardinen verboten. „Allein Handtücher im Bad bewirken aber auch schon einiges“, sagt Schildt, die Betriebswirtschaft studiert und als Marketing-Managerin gearbeitet hat. „Denn die meisten Leute können sich einfach nicht vorstellen, was man aus einem Raum machen kann.“

Die Einrichtung wählt die 39-Jährige bewusst dezent: überwiegend Beigetöne und nur wenige farbliche Akzente wie bunte Kissen. Denn die Möbel sollen keinen bestimmten Geschmack treffen, sondern lediglich vor Augen führen, wie der Raum genutzt werden könnte. Fragen wie „Passt ein Tisch ins Wohnzimmer?“ oder „Ist das Schlafzimmer zu klein für ein Doppelbett?“ sollen beantwortet werden.

Die Möbel, mit denen die Home-Stagerin einrichtet, gehören ihrer Agentur. Fast alles vom Tisch bis zum Toaster hat sie auf Lager. Auch Luftmatratzen gehören dazu, denn nicht immer lohnt es sich, eine echte Matratze anzuliefern.

Aber nicht nur geschickt platzierte Einrichtung ist wichtig, auch das Licht und der Geruch spielen eine Rolle. Und auch hier ist Zurückhaltung oberstes Gebot: „Wenn wir zu viel Duft einsetzen, könnte das den Eindruck erwecken, es soll etwas übertüncht werden“, sagt Schildt.

Als Schildt und ihre Freundin Madeleine von Beckerath vor fünf Jahren die erste deutsche Home-Staging-Agentur gründeten, griffen sie anfangs selbst zum Pinsel und schleppten sogar Möbel. Heute läuft das Geschäft so gut, dass das nicht mehr nötig ist: Bei den Vorbereitungen einer Wohnung helfen der Home-Stagerin und ihrer Geschäftspartnerin Elektriker, Maler und ein Speditionsunternehmen. Von der Planung bis zur Umsetzung brauchen sie so im Schnitt zwei Wochen.

Auch Privatpersonen beauftragen mittlerweile die Einrichter. In Schweden oder den USA ist das bereits gang und gäbe. In Deutschland steht die Branche aber noch am Anfang. Vielen fehle das Bewusstsein für die gelungene Präsentation einer Immobilie, sagt Schildt. Die Deutschen hätten das Prinzip bisher nur in Bezug auf ihr Auto verstanden: „Wenn das verkauft werden soll, wird es vorher gewaschen und aufgeräumt.“