Weg von der Wurst

EIGENKREATION Senf Pauli stellt ungewöhnliche Senfsorten her, die auch ein Brot aufwerten können

Für das Kleinunternehmen Senf Pauli ist „Senf mehr als der Farbklecks auf der Wurstpappe“ – er kann auch ein „Himbeerfeld für immer“ oder gar ein „Mord im Orient“ sein. Das kann man sich bei dem Genuss der in Eigenregie kreierten Senfsorten gut vorstellen. Pauli steht in diesem Fall nicht für den Stadtteil, auch wenn die Assoziation sicher nicht unerwünscht ist. Hinter dem Akronym verbirgt sich vielmehr der Firmenslogan: „Produkte aus umweltbewusstem, lokalem Idealismus“.

Im Angebot sind Senfsorten mit illustren Namen und ungewöhnlichen Zutaten: Der „Mord im Orient“ etwa besteht aus scharfem, süßem Senf mit pürierten Feigen und Rosinen, gewürzt mit Ingwer und Zimt. Alles bio, keine künstlichen Zusatzstoffe, soweit möglich aus der Region. Nur die Senfsaat selbst wird häufig aus der Ferne geliefert, etwa aus Kanada oder Osteuropa, und genügt nicht immer den eigenen ökologischen Ansprüchen. Doch die geschmackliche Qualität hat Vorrang: Schmeckt der Senf nicht, nützt auch der ökologischste Anbau nichts. Zudem wird Senf zum Verzehr in Deutschland eher spärlich gesät.

Auf die Idee, eigene Senfsorten herzustellen, konnte wohl nur eine Liebhaberin kommen: Senf-Pauli-Inhaberin Eva Osterholz inspirierte ein Glas speziellen Senfs, das sie geschenkt bekam. „Das kann ich auch“, dachte sie sich und begann mit der Herstellung eigener Sorten. Ihr erstes Glas verkaufte sie vor drei Jahren. Seit 2009 arbeitet sie Vollzeit in ihrer kleinen Manufaktur am Sachsenwald östlich von Hamburg.

Ihren Lebensunterhalt kann Osterholz mit dem Senf noch nicht decken. Das liegt auch an der langen Produktionsphase: Mindestens vier Wochen lang muss ein Senfglas stehen, bis die Aromen sich entfaltet haben. „Wir schreiben aber schon seit einigen Jahren schwarze Zahlen“, sagt Osterholz. „Das ist auch das, was mich ruhig schlafen lässt: Wir wachsen langsam, aber konstant.“ Zwei Teilzeit-Mitarbeiterinnen hat sie schon eingestellt.

Wertvoll sind für das kleine Unternehmen vor allem die Beziehungen zu Händlern, von denen einige mittlerweile Stammkunden sind. Bis Osterholz wieder auf dem Niveau ihres früheren Angestelltengehalts ist, wird es wohl noch eine Weile dauern. Doch damit kann sie leben: „Die Lebensqualität, die ich dazugewonnen habe, ist unbezahlbar“, sagt sie. LEONIE BRAND