Diverse Meinungen

GRUPPEN Je mehr Menschen an einem Konflikt beteiligt sind, desto schwieriger die Mediation

Beispiel Ehepaar: Er uriniert gern im Stehen, doch sie möchte ein sauberes Klo. „Hier könnte ein Mediator helfen, eine Lösung zu finden, mit der beide zufrieden sind“, erläutert Detlev Berning vom Bundesverband Mediation. Zum Beispiel, dass er darf wie er will und dafür öfters putzt. Aber gibt es für alle Konflikte eine Win-Win-Situation? Lassen sich auch Konflikte mediieren, an denen große Gruppen beteiligt sind, wie bei städtebaulichen Projekten oder politischen Konflikten?

„Gruppen sind natürlich eine Herausforderung“, sagt Mediator Berning. Organisatorisch sei der Prozess schwierig, denn er beginne damit, dass alle Beteiligten ihre Sicht auf die Situation schildern, was nur in einem überschaubaren Kreise möglich ist. Deshalb werde ein Vertreter gewählt, der die gesammelten Ansichten seiner Gruppe in Gesprächen mit dem Repräsentanten der Gegenseite zum Ausdruck bringt. „Dabei wiederhole ich das, was ich gehört habe, mit eigenen Worten“, beschreibt Berning die Rolle des Mediators. Inhaltlich verhalte er sich neutral: „Beiden Seiten gebe ich das Gefühl, gut aufgehoben zu sein.“ Mit der Zeit trete der Mediator immer mehr in den Hintergrund, sodass die Vertreter der Konfliktparteien selbst zu Lösungsmöglichkeiten kommen.

Die Soziologin Ulla Ralfs, deren Forschungsschwerpunkt in der Beratung liegt, sieht die Mediation in Gruppen kritisch. Die Konfliktparteien blieben divers. „Es gibt nicht nur den einen Sprecher, sondern ganz viele Beteiligte dahinter mit unterschiedlichen Interpretationen der Ausgangssituation und Interessen“, sagt sie.

Aber ein Mediationsprozess zwischen großen Gruppen habe immerhin den Nebeneffekt, dass der Druck auf die Entscheidungsträger sinke, da ihnen zunächst durch die laufenden Gespräche Zeit gegeben werde. Während ein Mediator sich um Beschwichtigung und Transparenz bemühe, könne sich eine völlig neue Situation ergeben, erläutert Ralfs: „Wie bei Stuttgart 21 durch die Landtagswahl in Baden-Württemberg.“  AKO