Ganz schön nachhaltig

BLICKFANG Naturkosmetik und -mode stehen auf der Vivaness im Mittelpunkt. Diskutiert wird dort auch, wie sich die Hersteller auf dem Markt positionieren können

Der Bogen wird 2012 von Facebook bis hin zu indischer Biomode gespannt

VON HEIDE REINHÄCKEL

Auch wenn Trendforscher angesichts des fröhlichen Tauschens in Netzforen und kollektiver Autonutzung prophetisch das Ende der Besitzkultur ankündigen, bleibt doch der grüne Konsument eine konstante Größe der Marktwirtschaft. Denn dieser will weiterhin ökologisch korrekte Produkte kaufen und besitzen.

Dabei hat das grüne Konsumspektrum längst die Müslizone verlassen und unseren Alltag und dessen tausend Dinge eingefärbt. Der ökologisch-grüne Lifestyle reicht mittlerweile von Anti-Aging-Creme bis Öko-Zigaretten. Er umfasst Faltencreme und Jeans und damit auch Naturkosmetik und Greenfashion, die auf dem Messeverbund Biofach & Vivaness präsentiert werden.

„Als Leitmesse bildet die Vivaness das Gesamtangebot des Naturkosmetikmarkts ab. Es herrscht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Pionieren der Naturkosmetik und neuen Markteinsteigern“, berichtet Babara Böck von der Nürnberger Messe.

Zum sechsten Mal präsentieren auf der Vivaness, der Leitmesse für Naturkosmetik und Wellness, in der Halle 7a des Nürnberger Messegeländes über 200 internationale Aussteller die Produktvielfalt der Naturkosmetikbranche. Dabei sind die Deutschen Spitzenreiter im Kauf von nachhaltigen Schönheitsprodukten.

Der deutsche Naturkosmetikmarkt verzeichnete im vergangenen Jahr einen einstelligen Umsatzzuwachs und führt laut Naturkosmetik Branchenreport 2010 mit 6,2 Prozent Marktanteil das europäische Ranking an. Auch in Sachen Export ist das Land von Weleda und Dr. Hauschka weiterhin führend. Aber auch Frankreich als traditionelle Kosmetiknation legt einen starken Messeauftritt hin.

„Ein wichtiges Thema der diesjährigen Messe ist die Frage, wie sich die Hersteller im Markt positionieren. Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit, den Naturkosmetikpioniere schon sehr lange berücksichtigen, wird explizit diskutiert“, beschreibt Boeck die Themen der Vivaness. Aber auch die Netzpräsenz der Firmen und die sozialen Medien werden immer wichtiger, wie etwa Auftritte bei Facebook.

Im Textilbereich der Biofach in der Messehalle 8 wird Mode zum Zeichensystem für ökologische sowie sozial korrekte Textilherstellung. Längst muss sich Ökochic nicht mehr verstecken und ist weit mehr als der wieder angesagte Jutebeutel. Im Textilbereich stellen 45 internationale Aussteller grüne Mode aus, und eine tägliche Modenschau führt aktuelle Ökokollektionen vor.

Das Messeland Indien als traditionelles Anbaugebiet von Baumwolle zeigt an einem Gemeinschaftsstand die Spannbreite des indischen Ökotextilmarkts. „Die Rolle der grünen Mode begann als kleines Sternchen am Firmament, mittlerweile ist sie ein Zentralgestirn“, sagt Kirsten Brodde. „In Deutschland gibt es mittlerweile über 100 Labels und über 40 Conceptstores. Auch die konventionelle Textilindustrie, die sich lange mit dem Argument, die Kunden interessierten sich nicht für Ökomode, verschloss, ist infiziert. Die heutigen Kunden wollen wissen, wie, wo und unter welchen Umständen ihr T-Shirt hergestellt wurde und sie haben das Recht darauf“, so Brodde. Die Branchenexpertin und Modejournalistin organisiert zusammen mit Bernd Hausmann, der in Nürnberg einen der ersten Ökotextilläden eröffnete, das messebegleitende Textilforum.

Neben dem Fachkongress, auf dem unter anderem über Fashion Mob und Guerilla Marketing in der Ökotextilbranche diskutiert wird, hat ein neues Talkformat Premiere. Analog zum Blauen Sofa – einem Klassiker auf der Leipziger Buchmesse – werden erstmals Kenner und Experten der grünen Modebranche auf einem Grünen Sofa zum etwa halbstündigen Gespräch Platz nehmen.

Jeweils vor der täglichen Modeschau findet ein abwechselnd von Brodde und Toby Ruhland vom Bayrischen Rundfunk moderiertes Gespräch mit jeweils einem Gast statt. „Die Biofach ist ja eine Fachmesse und folglich das Textilforum ein ‚Schlaumeierkongress‘. Deshalb wollten wir neben dem Textilforum ein neues zweites Format im Plauderton. Das Grüne Sofa verbindet Fachwissen mit persönlichen Einblicken in Kleiderschränke.“, sagt Brodde zum neuen Konzept. „Beispielsweise wird Renate Künast erzählen, was man als Fraktionsvorsitzende der Grünen trägt, eine Greenpeace-Campagnerin von der Kleidung der Weltretter berichten, die Jungdesignerin Mona Ohlendorf über ihre Ökokollektion für das schwäbische Traditionsunternehmen Trigena erzählen und besonders freue ich mich auf den Leiter der indischen Modekollektion, der unter anderem über die Nachfrage der indischen Mittelschicht nach Biomode erzählen wird.“