Backpflaumen für die Wehrmacht

OBST Die Familienfirma Vartan Melik Aslanian wurde vor 129 Jahren gegründet. Heute ist sie einer der größten deutschen Trockenfrüchte-Hersteller

1943 zerstörten britische Bomber das Wandsbeker Unternehmen bis auf die Grundmauern

Auswanderung, Bombenexplosion, Neuanfang – in der Familiengeschichte der Melik Aslanians ist es drunter und drüber gegangen. Seit 129 Jahren gibt es jedoch eine große Konstante: Trockenfrüchte.

Zusammen mit ihrem Bruder und ihrem Vater arbeitet Sofia Melik Aslanian in dem Familienunternehmen Vartan Melik Aslanian in Siek bei Ahrensburg. Die Urenkelin des Firmengründers ist hauptberuflich Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei. „Mein Bruder ist direkt in den Betrieb eingestiegen wie damals mein Vater“, sagt die 30-Jährige. Sie und ihr Bruder sind die vierte Generation, die für den Familienbetrieb arbeitet.

„Mein Urgroßvater hat im persischen Täbris angefangen, Früchte, die auf seinen Ländereien gewachsen sind, zu trocknen“, berichtet die Urenkelin. Damals wurden die Aprikosen und Pfirsiche auf großen Leinentüchern unter der Sonne getrocknet. „Inzwischen übernehmen das die Lieferanten direkt vor Ort“, sagt sie. In großen Öfen werden die Früchte getrocknet.

Das Unternehmen importiert seine Rohstoffe aus vielen verschiedenen Ländern. Das Repertoire reicht von Äpfeln aus Frankreich über Pflaumen aus Kalifornien bis hin zu Sultaninen – getrockneten Trauben – aus der Türkei.

1933, im Jahr der Machtergreifung, kam Vartan Melik Aslanian nach Hamburg, um hier das Familienunternehmen weiterzuführen. Im Zweiten Weltkrieg zwingt das Nazi-Regime die Familie, ausschließlich für die Wehrmacht zu produzieren.

Doch damit ist 1943 Schluss: In einer Bombennacht zerstörten englische Sprengkörper das Wandsbeker Unternehmen bis auf die Grundmauern. „Nach dem Krieg musste alles neu aufgebaut werden“, erzählt Melik Aslanian.

Gleich nach dem Krieg, 1946, mietete die Familie ein Firmengebäude im Süden Hamburgs. Bis 2008 wurden hier die angelieferten Trockenfrüchte veredelt, verpackt und verschickt. Vor vier Jahren stand schließlich der vorerst letzte Umzug an.

„Mein Vater hat die Hallen, die jetzt in Siek stehen, eigenhändig auf dem Reißbrett entworfen“, sagt Melik Aslanian. Auf 3.000 Quadratmetern produzierte das Unternehmen im vergangenen Jahr rund 1.000 Tonnen Trockenfrüchte.

Die nächste Generation der Melik Aslanians ist noch nicht auf der Welt. „Man wünscht sich natürlich, dass die Kinder irgendwann mal die Tradition fortführen“, sagt Sofia Melik Aslanian. „Aber wir können da nichts erzwingen. Das wäre auch nicht förderlich.“  TIMO ROBBEN