Was heilt, schmeckt oft

KÜCHENBOTANIK Kräuter bereichern die Küche und helfen gegen Krankheiten – vom Rheuma bis zu Nervenleiden. Ein Park im schleswig-holsteinischen Stolpe bietet Informationen über Heil-, Küchen- und Giftpflanzen

Es ist sinnvoll, auch im heimischen Garten keine Monokulturen zuzulassen

VON ESTHER GEISSLINGER

Petersilie, Salbei, Pfefferminze – alles gut und schön. Aber ins Schwärmen kommt Kerstin John bei der Brennnessel: „Die gehört in jeden Naturgarten: Sie hat viel Vitamin C, hilft bei Gelenkleiden und Rheuma, darüber hinaus ist sie eine Futterpflanze für Schmetterlingsraupen“, sagt die Gärtnerin und nimmt ein grünes Blatt zwischen die Finger, um zu zeigen, dass die Blätter gar nicht brennen, wenn sie richtig angefasst werden.

Im „Kräuterpark“ im schleswig-holsteinischen Dorf Stolpe (Kreis Plön) steht die Brennnessel denn auch mitten im Heilpflanzen-Garten, zusammen mit anderen Lebensrettern wie Gänseblümchen – gut bei Leber- und Gallenleiden –, Schlüsselblumen, die bei Nervenleiden eingesetzt werden können, Spitzwegerich, gut gegen Atemwegsleiden, oder Benediktendiestel, die sich gegen Magenprobleme einsetzen lässt.

Was heilt, schmeckt oft auch: So wachsen die Heilpflanzen Thymian, Salbei, Dill oder Kresse auch im Beet der Küchenkräuter. Und einige Gewächse aus der Heil-Abteilung finden sich auch hinter dem Zaun, der den Giftbereich des Kräuterparks umschließt, etwa der violett oder rot blühende Fingerhut oder Immergrün. Daneben stehen weitere Pflanzen für die Hexenküche: Tollkirsche, Goldregen, Maiglöckchen.

Die Giftpflanzen seien für viele Besucher spannend, sagt John, die seit zwei Jahren im Park arbeitet. In ihrer Ausbildung lag ein Schwerpunkt beim Landschaftsbau, aber für Kräuter habe sie sich schon immer interessiert: „Ich habe ständig welche angebaut und herumprobiert.“ Als Verantwortliche für 6.000 Quadratmeter Park lernt sie täglich weiter dazu: „Es gibt viele Bücher zum Thema“, sagt sie. „In unserem Park-Laden bin ich die beste Kundin.“

Kräuter sind wieder modern geworden. Viele wollen sie auch selbst anbauen – im Topf auf der Fensterbank, im Beet oder gar in einer „Kräuterspirale“ aus Stein und Erde. Der Kräuterpark will dazu Anregungen liefern: In den Beeten stehen die Pflanzen, die ganzjährig im norddeutschen Klima durchhalten, in Töpfen und im Gewächshaus die empfindlichen Exoten. Die Anlage einer Kräuterspirale lässt sich studieren, außerdem gibt es Beete mit alten Getreidesorten und Inspirationen zum Anbau von Naturgärten und Kräutern.

Etwa, dass es sinnvoll ist, auch im heimischen Garten keine Monokulturen zuzulassen, weil in gemischten Beeten die Pflanzen ganz von selbst Schädlinge vertreiben: „Knoblauch unter Rosen hilft gegen Blattläuse“, sagt Kerstin John. Im Gartenteich hemmen Unterwasserpflanzen wie Nadelsimse oder Tausendblatt das Wachstum anderer Pflanzen und halten damit die Wasserfläche frei.

Allzu belehrend soll es aber nicht werden: „Uns ist wichtig, dass die Besucher sich hier wohlfühlen“, sagt John. Unter der Woche ist es ziemlich ruhig im Park – bis auf das Rauschen der Autobahn, wenn der Wind aus der falschen Richtung kommt – doch an den Wochenenden bieten die Betreiber regelmäßig Kurse rund um Kraut und Rüben an.

Am 8. Juli beispielsweise erklärt „Kräuterhexe“ Stella Reimers die Herstellung von „Heilprodukten für die Hausapotheke“, am 19. August lädt die Floristin Anke Stange zum „Sommersträuße binden“. Rund 30.000 Besucher jährlich finden den Weg in das Dorf Stolpe, heißt es in einer Broschüre des Parks.

Finanziell trägt sich der Betrieb mit seinem sechsköpfigen Team nicht allein. Das Gelände mit den alten Hof-Gebäuden, die nur Lager, Laden und Café bergen, gehört zu einer Firma für Naturzäune, Gartenteiche und Dachbegrünungen. Daher sind die zahlreichen kleinen Teiche auf dem Gelände ebenso wie die Beet-Umgrenzungen eine Art Werbeflächen für die Firma.

Der Hofladen verkauft Eigengewächse ebenso wie getrocknete Kräuter und Tees von Bioland-Höfen. Kerstin John hat ihre Favoriten: Ananassalbei und Zitronenverbene, die durch zarten Geruch bestechen. Park-Pressesprecherin Hanna Bluhm, die wie alle Beschäftigten im kleinen Team mehrere Aufgaben hat, schwört auf Jiaogulan, auch „Unsterblichkeitskraut“ genannt: Vor allem, weil die asiatische Kletterpflanze wie Efeu die Wände hochkriecht, die Blätter schmackhaften Tee liefern und ihre Beeren gesünder seien als Ginseng. „Das eignet sich toll zum Verschenken“, sagt Blum. Ob das Kraut wirklich unsterblich macht, will sie allerdings nicht garantieren.

www.kraeuterpark.de