Entscheidungen für den Notfall

VORSORGE Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland rät, neben der Patientenverfügung auch noch eine Vollmacht auszustellen – sie regelt, wer stellvertretend für den Betroffenen entscheiden darf

Wann ist das Leben lebenswert? Die Patientenverfügung muss sehr persönlich sein

Lässt man den eigenen Vater verhungern? Spendet man die Organe seiner Frau? Fragen, die man hofft, nie beantworten zu müssen, denen sich aber in all ihrer Brutalität täglich Tausende Menschen stellen müssen. Das ist kein Geheimnis – und doch besitzen nur 20 Prozent der Deutschen einen Organspendeausweis.

Bei der Patientenverfügung sieht es erst recht mau aus: Rund acht Millionen Menschen haben eine Verfügung verfasst. Darin wird der Willen bezüglich lebenserhaltender Maßnahmen dokumentiert. Damit man im Falle der eigenen Unzurechnungsfähigkeit Herr seiner Entscheidungen bleibt – und so seine engsten Vertrauten entlastet. Eine Patientenverfügung muss sehr persönlich erstellt werden: Wann ist das Leben noch lebenswert? Wie möchte ich in diesem oder jenem Fall behandelt werden? Der Humanistische Verband Deutschlands geht davon aus, dass allenfalls fünf Prozent der Patientenverfügungen ohne Mängel sind. Es lohnt sich also, sich vorab zu informieren.

Bei den Landesjustizministerien findet man kostenlose Broschüren zum Thema Patientenverfügung – und auch Vordrucke für die Vorsorgevollmacht. Eine weitere Anlaufstelle ist die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD). Wiebke Cornelius von der UPD-Beratungsstelle in Rostock sagt: „Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind beide wichtig. Ich finde, die Vorsorgevollmacht ist noch wichtiger. Sie regelt, wer für mich meine Entscheidungen trifft, falls ich nicht mehr zurechnungsfähig bin.“

Anders als häufig angenommen, sind in diesem Fall nämlich weder nahe Angehörige noch der Ehepartner entscheidungsbefugt. Wohnung kündigen, Anträge an die Krankenkassen stellen, eventuell einen Heimplatz beantragen – das alles ist nur mit einer Vorsorgevollmacht möglich. Fehlt diese, setzt das Gericht einen gesetzlichen Betreuer ein. Bei medizinischen Notfällen kann das auch sehr schnell passieren. Das Gericht wählt meist einen Angehörigen aus. „Das Problem daran ist, dass der Betreuer vom Gericht kontrolliert wird. Spätestens nach zwei Jahren muss er genaue Abrechnungen vorlegen“, sagt Wiebke Cornelius. „Das heißt etwas übertrieben, dass man zum Beispiel begründen muss, warum man für die Großmutter die Halbschuhe für 19,95 Euro gekauft hat.“

Immer wieder kommen Menschen zu Cornelius in die Beratungsstelle, die sich in ihrer Aufgabe als gesetzlicher Betreuer überfordert fühlen. Oder Angehörige, die mit der Wahl des Gerichtes nicht zufrieden sind. „Dabei sind die Vordrucke vom Bundesjustizministerium wirklich ganz einfach; ein Formular zum Ankreuzen.“ Hat man das Formular ausgefüllt, ist in den meisten Fällen kein Besuch beim Notar mehr nötig. In Ausnahmefällen – zum Beispiel, wenn ein Grundstücksverkauf bevorsteht – braucht man jedoch eine Beglaubigung.

Und wenn keine Angehörigen oder Freunde da sind? „Dann schauen Sie im Vorfeld schon mal bei einem Betreuungsverein, von wem Sie vertreten werden möchten“, rät Elke Gravert von der UPD-Beratungsstelle in Hannover.

CHRISTINE BÖDICKER

Weitere Informationen und Vordrucke finden Sie unter: www.bmj.de/DE/Buerger/gesellschaft/Patientenverfuegung/patientenverfuegung_node