Ganz natürlich auf den Punkt gebracht

GUT RÜBERKOMMEN Botschaften zu vermitteln wird immer wichtiger. Medientrainings helfen, Hemmschwellen gegenüber Kameras und Mikrofonen zu überwinden und sich auf Interviewsituationen vorzubereiten

■ DW Akademie (Bonn): www.dw.de/dw-akademie/training/s-11813, u. a. „Klassisches Medientraining“ (15. 5., 14. 6., 5. 7.). depak: www.depak.de/seminare/uebersicht, u. a.: „Erfolgreich vor Kamera und Mikrofon“ (Berlin 10.–11. 6.). Neuer Interview-Ratgeber von C. Arns und C. Giller: www.interviewratgeber.de. FFH Academy (Bad Vilbel): medientraining.ffhacademy.de.

VON OLE SCHULZ

Wer zum ersten Mal für ein Interview vor einer Fernsehkamera steht und sich danach die Aufnahmen ansieht, kann eine Überraschung erleben: Manch einer zwinkert nervös mit den Augen, so unbewusst wie ununterbrochen; andere starren stur in die Kamera, ohne dies zu merken, anstatt sich einigermaßen locker mit dem Interviewer zu unterhalten.

In Medientrainings kann man lernen, Lampenfieber und Hemmschwellen gegenüber Kameras und Mikrofonen zu überwinden und andere Fallstricke zu umgehen. Solche Weiterbildungen gewinnen seit Jahren an Bedeutung. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen öffentlich auftreten – ob in Panels, Podiumsdiskussionen, Lesungen oder Bürgerveranstaltungen – und dabei oft auch Medienvertretern gegenüberstehen. Viele Akteure sind dafür aber nicht ausreichend geschult. Nach der unglücklichen Verschiebung des NSU-Prozesses durch das Oberlandesgericht (OLG) München hat die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, etwa auch für Gerichte entsprechende Fortbildungen vorgeschlagen, um diese besser darauf vorzubereiten, mit der Öffentlichkeit einer Mediengesellschaft zurechtzukommen.

Knackige Kernbotschaften

Laut Daniela Wiesler-Schnalke sind Medienschulungen insgesamt „salonfähiger“ geworden. Seit acht Jahren leitet Wiesler-Schnalke die Medientrainings der DW Akademie in Bonn, und mittlerweile habe sich bei mehr Unternehmen und Organisationen die Erkenntnis durchgesetzt, dass man „verstehen muss, wie die Medien arbeiten, um vernünftig mit ihnen umzugehen“. Weil oft nur wenige Sekunden für einen O-Ton zur Verfügung stehen, gehe es häufig darum, „seine Kernbotschaften kurz und knackig zu formulieren“. Dafür müsse man sich zuvor darüber klar sein, was wesentlich sei. „Zuspitzen, ohne platt zu sein“, nennt das Wiesler-Schnalke.

Die DW Akademie gehört zu den größten Anbietern für Medientrainings in Deutschland und profitiert von der jahrzehntelangen Erfahrung in der Fortbildung von Journalisten aus dem Ausland. „Zu unseren Stärken gehört, dass wir unter Echtbedingungen arbeiten, weil wir das Fernseh- und Hörfunkstudio der Deutschen Welle im Haus nutzen können.“ Durchgeführt werden die praxisorientierten DW-Medienschulungen von noch berufstätigen Journalisten, denn nur diese „kennen die Spielregeln der Medien wirklich“. Einem Missverständnis will Wiesler-Schnalke aber gleich vorbeugen: Wer denke, er lerne hier, die Wahrheit zu verschleiern, sei fehl am Platze. In Zeiten der neuen Medien sei das sowieso kaum mehr möglich. Darum seien vielmehr „Transparenz und Offenheit“ das Credo.

Ein weiterer renommierter Weiterbildungsanbieter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist die Deutsche Presseakademie (depak). Dass Medientrainings dort inzwischen einen festen Platz im Programm haben, führt depak-Leiter Christian Arns auch auf den Druck in den Medien zurück, exklusive Geschichten zu liefern. „Journalisten wollen lieber einen informierten Gesprächspartner aus dem mittleren Management eines Unternehmens als vom Pressesprecher abgefertigt zu werden.“ Jene müssten sich aber erst daran gewöhnen, sich allgemeinverständlich statt in Fachchinesisch auszudrücken. Doch auch viele Führungskräfte seien „nicht automatisch routiniert“ im Umgang mit der Presse oder dem Fernsehen.

Authentisches Auftreten

Für Norbert Linke, Direktor der FFH-Academy, ist es für alle Teilnehmer eines Medientrainings das Wichtigste, zu lernen, auch in ungewohnter Interviewsituation „sie selbst“ zu bleiben. Die FFH-Academy ist an den hessischen Privatradiosender Hit Radio FFH angegliedert und zählt gerade mittelständische Betriebe zu ihren Kunden. „Es bringt gar nichts, wenn man versucht, als Interviewter in eine andere Rolle zu schlüpfen.“ Stattdessen komme es darauf an, so Linke, „authentisch und glaubwürdig“ aufzutreten.

Das gehe aber nur, wenn man erste Erfahrungen im Umgang mit Medien gesammelt habe, meint depak-Mediencoach Conrad Giller. Die „ungewohnte Umgebung eines TV-Studios mit Kameras und Scheinwerfern“ ebenso wie das Mikrofon eines Rundfunkjournalisten, das „einem fast in den Hals“ geschoben wird, machen jeden nervös, so Giller. Daran könne man sich allerdings schon „nach einem kurzen technischen Training sehr gut gewöhnen“.

Schwieriger ist es laut Giller dagegen, „Botschaften präzise zu formulieren“. Solch „klare Kernbotschaften“ seien als „eine Art GPS-Autopilot“ auch deshalb wichtig, falls man doch einmal den Faden verliere. Conrad Giller empfiehlt, vorab Antworten auf FAQs, „frequently asked questions“, gut – und gegebenenfalls auch als feste Formulierungen – auszuarbeiten. Weil „der gesprochene Satz flüchtig“ ist, sei zudem eine Ausdrucksweise in „EDHS“ sinnvoll, in „einfachen deutschen Hauptsätzen“. Damit das nicht zu hölzern klingt, sollten die Aussagen durch „bildhafte Erläuterungen und treffende Beispiele“ veranschaulicht werden. Denn „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“.