Kasachischer Ex-Diplomat im Dauerexil

Wird nicht von Österreich nach Kasachstan ausgeliefert: Rachat Alijew. Der Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten soll in zahlreiche Verbrechen bis hin zum Mord verwickelt sein FOTO: PICTURE-ALLIANCE

Zwei Entführungen und eine Frauenleiche reichten nicht. Rachat Alijew darf weiter durch die Wiener Altstadt schlendern. Der 44-jährige Kasache mit dem weichen Mondgesicht wird nicht nach Kasachstan ausgeliefert. Das Landesgericht in Wien befand am Dienstag, dass den stämmigen Exmann der Präsidententochter Dariga Nasarbajewa in seiner Heimat kein faires Verfahren erwartet.

Alijew war Botschafter seines Landes in Österreich, als die kasachischen Behörden ihn Ende Mai bei Interpol wegen Menschenraubs auf die Fahndungsliste setzen. Zudem sollen Aliews Handlanger vor drei Jahren die Leiche seiner Geliebten verscharrt haben, nachdem diese, als Diplomatengepäck deklariert, von Beirut nach Kasachstan transportiert wurde.

Dass die kasachischen Behörden gegen Alijew ermitteln, erzählt vom tiefen Fall des einst mächtigen Schwiegersohnes. Alijew war Repräsentant eines autokratischen Systems in Zentralasien, in dem die Mitglieder der jeweiligen Präsidentenfamilie den Staat als Beute betrachten. Nach der Hochzeit mit der ambitionierten Präsidententochter begann der Aufstieg des Mediziners. Er durchlief hohe Posten bei der Finanzpolizei und der Staatssicherheit. Die Macht stieg ihm zu Kopf. Selbst den eigenen Schwiegervater Nasarbajew soll er erpresst haben.

2002 schickte Nasarbajew Alijew als Botschafter Kasachstans nach Wien – eine gemeine Strafe. In Kasachstan begann der von sprudelnden Ölquellen befeuerte Wirtschaftsboom. Alijew musste zusehen, wie die Eliten in der Heimat ohne ihn den Reichtum aufteilten.

2005 durfte Alijew nach Kasachstan zurückkehren, angeblich hatte die Präsidententochter beim Vater darum gebeten. Es galt, viel nachzuholen. Mit seiner Frau raffte er ein Medienimperium mit den wichtigsten TV-Sendern zusammen und angelte sich das angesehene Geldinstitut Nurbank. Im Janaur 2006 wurde der Oppositionspolitiker Altynbek Sarsenbajew getötet. Alijew wehrte sich mit Drohungen gegen die damals öffentlich kursierenden Verdächtigungen. Im Februar 2007 verschwanden drei Manager der Nurbank. Deren Ehefrauen beschuldigen Alijew.

Nasarbajew schickte den unbotmäßigen Schwiegersohn wieder als Botschafter nach Wien. Im Mai folgte der Haftbefehl über Interpol. Der kasachische Präsident verweigerte die schützende Hand. Seine Tochter Dariga Nasarbajewa ließ sich scheiden, übernahm Alijews Firmenanteile und hüllt sich bis heute in Schweigen. Aber Alijew wird vielleicht bald über die schmutzigen Geheimnisse der Macht in Kasachstan reden, jetzt wo er die Auslieferung nicht mehr fürchten muss. Gedroht damit hat er schon. MARCUS BENSMANN