„Eine Chance für die Patienten“

Die Vorteile überwiegen, meint der Experte der Verbraucherzentrale, Stefan Etgeton

STEFAN ETGETON, 44, leitet den Fachbereich Gesundheit des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Zuvor war Etgeton bei der Deutschen Aids-Hilfe tätig.

taz: Herr Etgeton, heute präsentiert sich ein buntes Bündnis aus Ärzten und Datenschützern, das die elektronische Gesundheitskarte verhindern will. Warum ist die Verbraucherzentrale nicht dabei?

Stefan Etgeton: Wir sind nicht grundsätzlich gegen die elektronische Gesundheitskarte. Wir begleiten das Projekt kritisch, aber auch konstruktiv. Denn wir glauben, dass die Gesundheitskarte für die Patienten durchaus Chancen bietet.

Welche Chancen sehen Sie?

Heute sind die Patientendaten an vielen Orten verstreut. Sie sind für den behandelnden Arzt in der Regel nur einsehbar, wenn er sie selber erstellt hat. Durch die elektronische Gesundheitskarte werden, wenn der Patient es will, die Daten zusammengeführt. Der Arzt kann sehen, was seine Kollegen gemacht haben. So ist der Informationsstand besser und unnötige Doppeluntersuchungen zum Beispiel können verhindert werden. Auch die Arzneimitteldokumentation kann für die Patienten sehr sinnvoll sein, besonders für Menschen mit chronischen Krankheiten.

Wie soll die Arzneimitteldokumentation helfen?

Menschen mit chronischen Erkrankungen haben zum Teil mehrere Krankheiten und nehmen deshalb viele Medikamente. Die Arzneimitteldokumentation, die auch freiwillig ist, schließt auf technischem Weg schädliche Arzneimittelwechselwirkungen aus. Das geht heute nur, wenn man immer beim selben Apotheker seine Medikamente bezieht und der auch wirklich ein Auge darauf hat.

Sie versprechen sich von der Karte auch einen generellen Modernisierungsschub im Gesundheitswesen. Wie wird der aussehen?

Die Karte funktioniert ja nur, wenn Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken entsprechend mit EDV ausgestattet sind. Besonders bei vielen Arztpraxen gibt es da enormen Nachholbedarf. Mit besserer EDV würden aber die Informationsflüsse im Gesundheitswesen generell viel besser funktionieren. Entscheidend bei all dem ist aber, dass der Patient die Hoheit über die Daten hat.

Kritiker bezweifeln, dass das wirklich der Fall ist.

Die Datenhoheit der Patienten ist gesetzlich festgelegt. Die elektronische Patientenakte ist freiwillig und auch wenn der Patient generell seine Zustimmung gibt, kann er einzelne Dokumente sperren lassen. Wenn er zum Beispiel nicht will, dass sein Zahnarzt sehen kann, dass er eine Psychotherapie macht.

INTERVIEW: SABINE AM ORDE