Aufschub fürs Eck

VON CHRISTIAN RATH

In Rheinland-Pfalz tritt das Rauchverbot nur eingeschränkt in Kraft. In Kneipen und Gaststätten, die nur aus einem Raum bestehen, darf vorerst weiter geraucht werden. Das entschied gestern der Verfassungsgerichtshof des Bundeslandes in einer Eilentscheidung. Das ist zugleich der erste juristische Erfolg, den Gastwirte gegen die Rauchverbote der Länder erzielen konnten.

Von Freitag an sollte eigentlich in allen gastronomischen Betrieben von Rheinland-Pfalz nicht mehr gequalmt werden. Das entsprechende Gesetz stammt zwar schon vom vergangenen Oktober, aber mit Rücksicht auf örtliches Brauchtum tritt das Gesetz erst nach Karneval in Kraft.

Fünf Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten konnten nun aber das Koblenzer Landesverfassungsgericht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung bewegen. Sie müssen sich bis zur Entscheidung über ihre Klage nicht an das Rauchverbot halten. Damit haben sie zumindest einige Monate Zeit gewonnen – bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Bis dahin müssen sie die Kneipe deutlich als Raucherlokal kennzeichnen und dürfen keine weiteren Personen beschäftigen.

Wie die Mainzer Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) gestern ankündigte, wird der Beschluss von den Behörden auch für alle anderen inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten in Rheinland-Pfalz akzeptiert. Auf andere Bundesländer hat die Entscheidung keine direkten Auswirkungen.

Die Betreiber der Mini-Kneipen, die nach Branchenschätzungen etwa 10 Prozent der Gaststätten ausmachen, sahen sich vom Rauchverbot besonders beeinträchtigt, weil sie gar nicht die Möglichkeit haben, ein Raucherzimmer einzurichten. Die Kläger gaben an, dass bis zu 80 Prozent ihrer Stammkunden Raucher seien und ein Rauchverbot für sie daher existenzbedrohend sei. Dies sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Grundrecht auf Eigentum. Außerdem würden sie gegenüber größeren Gaststätten übermäßig schlechter gestellt.

Ob diese Klage im Ergebnis Erfolg hat, ist noch nicht entschieden. Die Verfassungsrichter wollten nur sicherstellen, dass die Kläger nicht schon vor einem Urteil pleitegehen. Die Gastwirte hatten eine Übersicht des Deutschen Hotel- und Gastättenverbandes vorgelegt, in der von zum Teil drastischen Umsatzeinbußen nach Einführung der Rauchverbote in Hessen und Baden-Württemberg berichtet wurde. Der Begründung zufolge dürften die Kläger nun auch im Hauptsache-Verfahren gute Erfolgsaussichten haben.

Bisher waren Klagen von Gastwirten stets abgelehnt worden. So wies etwa das Bundesverfassungsgericht im November die Eilanträge von drei hessischen Kneipenbesitzern zurück, weil noch keine „belastbaren Angaben“ über einen Umsatzeinbruch vorlägen.

Eine Ausnahme für Mini-Kneipen, bei denen der Wirt selbst hinter dem Tresen steht, gibt es bisher nur im Saarland. Der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann hat allerdings angekündigt, dass er im Falle eines Wahlsiegs eine ähnliche Lösung anstrebt. Die Wirte von „Ein-Zimmer-Eckkneipen“ sollen dann selbst entscheiden, ob in ihren Gaststätten geraucht werden kann.