Der weibliche Souverän

Sie war maliziös, zeigte zugleich Humor und Selbstironie. Schon darin unterschied sie sich von beleidigten Herren und verbissenen Feministinnen

Es ist kein Wunder, dass Katharina Rutschky auf Distanz zur Frauenbewegung ging. Als gut gelaunte Souveränin ihrer selbst war es ihr schlicht unmöglich, sich mit Leuten zu identifizieren, die Frauen vor allem als notwendig unglückliches Produkt patriarchaler Zwänge begreifen. Dass eine Frau in dieser Gesellschaft als etwas Minderwertiges angesehen wird, war für sie eine nur noch wohlfeile Analyse, viel mehr aber eine permanente Selbstbeleidigung des weiblichen Geschlechts.

Sie selbst hat sich als freie, kinderlose Publizistin die Position der privilegierten Kommentatorin geschaffen: Statler und Waldorf des Feminismus in einer Person. Der weibliche Souverän war ihr gedanklicher Fluchtpunkt. Von diesem royalen Ausguck her diagnostizierte sie feministischen Opferdiskursen eine „paranoide Erwartungshaltung“ und dem Ruf nach Gleichheit eine ungesunde Verleugnung der Weiblichkeit: „Ich rufe lieber um Hilfe in der Not und lerne keinesfalls Karate!“, so endet einer ihrer taz-Polemiken gegen die Abschaffung der Geschlechterdifferenz. Als auf einem taz-Kongress im Namen der Gleichheit Bordelle für Frauen gefordert wurden, war dies für sie eine „grausliche Vorstellung“: „Also nein!“, rief sie und man ahnte den Hintergrund: dass eine echte Lady diese Dinge bitte nicht herausposaunt, sondern mit der gebotenen Diskretion behandelt.

Die Rolle der kritisch-maliziösen Begleiterin der Frauenbewegung hielt für eine begnadete Polemikerin wie sie die Verlockung bereit, auch den antifeministischen Zerrspiegel zu zücken und sich mit beleidigten konservativen Männern über das angeblich herrschende Feminat zu mokieren. Unterschieden haben sie von den beleidigten Herren Eigenschaften, die sie auch bei vielen Feministinnen vermisste: intelligenter Humor und Selbstironie. HEIDE OESTREICH