Ein wenig Druck auf Mubarak

REAKTIONEN Während sich die EU nur zu vorsichtigen Forderungen an die Regierung Husni Mubaraks durchringen kann, verhandelt die US-Regierung über dessen Abgang

BRÜSSEL/WASHINGTON/KAIRO dapd/afp/rtr | Die EU hat sich am Freitag nicht zu einer Rücktrittsforderung an Staatschef Husni Mubarak durchgerungen. Selbst auf eine Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen konnte sich der Gipfel in Brüssel nicht einigen. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es nur, der „geordnete Übergangsprozess“ müsse sofort beginnen. Zudem betonten die 27 Staats- und Regierungschefs, auf das Demokratiestreben der Bevölkerung müsse mit Dialogbereitschaft und nicht mit Repression geantwortet werden.

Diplomaten hatten zuvor davon gesprochen, Mubarak nicht bis zum regulären Wahltermin im September Zeit geben zu wollen. Doch in die gemeinsame Erklärung ging die Forderung nicht ein. Es sei entscheidend, dass die Regierung und die Bevölkerung in Ägypten „gemeinsam vorangehen“, hatte EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton zuvor erklärt. Sie wurde vom Gipfel beauftragt, nach Kairo sowie nach Tunesien zu reisen und dort die Botschaft der EU zu übermitteln. Das Angebot Europas ist eine „neue Partnerschaft“, die den Ländern im demokratischen Umbruch „effektivere Unterstützung“ bringen soll.

Allerdings gibt es auch unter den EU-Partnern unterschiedliche Stimmen. So äußerte sich der britische Premierminister David Cameron deutlich kritischer als Ashton: „Wenn wir in den Straßen Kairos vom Staat unterstützte Gewalt gegen Demonstranten sehen, angeheuerte Schläger, dann verliert das Regime die letzte Glaubwürdigkeit und die letzte Unterstützung.“

Der niederländische Regierungschef Mark Rutte hingegen sagte, es wäre „überflüssig und arrogant“, Mubaraks Rücktritt zu fordern. Noch weiter ging Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der Mubarak als „weisen Mann“ bezeichnete. „Ich hoffe, dass die Regierung weiterbestehen kann“, sagte er. Ägypten solle sich zu einer Demokratie entwickeln, ohne mit Mubarak zu brechen.

Insgesamt bleibt die EU damit weit hinter den jüngsten Initiativen der US-Diplomatie zurück. Aus Washington hieß es, die USA verhandelten mit hochrangigen Vertretern der ägyptischen Regierung über einen sofortigen Rücktritt Mubaraks. Zudem gehe es in den Gesprächen um die Bildung einer Übergangsregierung, die freie und faire Wahlen im Laufe dieses Jahres vorbereiten solle, sagten US-Vertreter am späten Donnerstag.

Eine von der ägyptischen Armee gestützte Regierung sei eine von mehreren Ideen, hieß es dabei. Die USA wollten Ägypten keine Lösung aufdrängen, es gehe aber darum, dass Mubarak bald aus dem Amt scheide. Gedacht ist unter anderem daran, dass Mubarak die Macht an den neuen Vizepräsidenten Omar Suleiman übergibt, der dann die Übergangsregierung führen könnte. „Der Präsident hat gesagt, dass nun die Zeit gekommen ist, um mit einem friedlichen, geordneten und sinnvollen Übergang zu beginnen“, sagte der im Weißen Haus für den Bereich Nationale Sicherheit zuständige Sprecher, Tommy Vietor. Details wollte er nicht nennen.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bezeichnete die Aufstände im Nahen Osten als „tektonische Plattenverschiebungen“. „Heute steht nicht nur die Weltwirtschaft, sondern die Weltordnung auf dem Spiel“, sagte er. Es sei nicht klar, wie die Unruhen ausgehen würden und was die langfristigen Konsequenzen für die Welt seien.

Der iranische Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei sagte in einer Ansprache, Mubarak habe sein Volk betrogen, weil er solch enge Beziehungen zu den USA und Israel unterhalten und Ägypten zu eines der „größten Rückzugsgebiete der Zionisten verwandelt“ habe.

In der Türkei, im Libanon und manchen europäischen Städten kam es zu Solidaritätskundgebungen. In Berlin forderten 450 Menschen die EU und die USA auf, ihre Unterstützung für das Mubarak-Regime einzustellen.