Sanktionen gegen den Iran: Solange das Öl fließt

Das Embargo hat den Iran geschwächt. Doch es trifft die Armen stärker als die Regierung. Die wichtigsten Handelspartner sind nun Russland und China.

Importierte Waren sind um 30 Prozent gestiegen: Das Nachsehen hat die Bevölkerung. Bild: dapd

Wie sehr schaden die Wirtschaftssanktionen dem Iran? Darüber gehen im Land die Meinungen weit auseinander. Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad betont immer wieder, sie hätten keine negativen Folgen. Parlamentspräsident Ali Laridschani dagegen nennt den wirtschaftlichen Druck die "wichtigste Bedrohung" für das Land.

Tatsächlich haben die vier Sanktionsrunden des UN-Sicherheitsrats und die darüber hinausgehenden Strafmaßnahmen der USA, der EU und anderer Staaten wie Kanada und Japan der iranischen Wirtschaft großen Schaden zugefügt. Die Preise importierter Waren sind um fast 30 Prozent gestiegen. Das ist bedeutsam, denn rund 60 Prozent der Waren auf dem iranischen Markt werden aus dem Ausland eingeführt.

Die Strafmaßnahmen treffen den gesamten Handel erheblich. Eingeschränkte Transportbedingungen für Import- und Exportgüter trieben die Kosten für Transport und Versicherungen in die Höhe, was wiederum zahlreiche Handelsunternehmen in den Ruin geführt hat.

Dazu kommen die weitreichende Einschränkung der Geschäfte mit ausländischen Banken sowie die erheblich erschwerten Bedingungen bei der Kreditvergabe.

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Zahlreiche Fabriken, die aufgrund der Sanktionen ihre benötigten Maschinen und Ersatzteile nicht importieren konnten, mussten entweder ihre Produktion stark einschränken oder die Fabrik gänzlich schließen.

Zudem leidet die iranische Wirtschaft unter massiver Kapitalflucht. Viele Unternehmer, verunsichert auch durch die instabile politische Lage und nicht zuletzt durch die Angst vor einem möglichen Krieg, ziehen es vor, in den benachbarten Staaten am Persischen Golf zu investieren. Die Folgen sind ein rapider Anstieg der Arbeitslosigkeit im Iran auf etwa 30 Prozent, wovon vor allem junge Menschen betroffen sind. Die Armut nimmt weiter zu.

Weil ausländische, aber auch inländische Unternehmen immer weniger investierten, mussten sowohl die iranische Öl- und Gasindustrie als auch die chemische Industrie einen erheblichen Produktionsrückgang hinnehmen - die Deviseneinnahmen gingen entsprechend zurück. Die iranische Wirtschaft ist zu 80 Prozent von den Öleinnahmen abhängig. Weniger Einnahmen aus der Ölförderung bedeuten daher weniger Geld im Staatshaushalt und eine Reduzierung der staatlichen Investitionen.

Das Regime versucht durch die Erschließung neuer Märkte, die Auswirkungen der Sanktionen zumindest zum Teil wettzumachen. Ohnehin hatte Staatspräsident Ahmadinedschad nach seiner Regierungsübernahme 2005 erklärt, seine Regierung beabsichtige nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche Umorientierung von West nach Ost.

Tatsächlich sind die Handelsbeziehungen zwischen Iran und den Nachbarstaaten Türkei, Russland, Afghanistan und den Golfstaaten sowie zu ost- und mittelasiatischen Staaten in den vergangenen Jahren stark ausgebaut worden. Längst hat China den iranischen Markt erobert und ist zum größten Handelspartner aufgestiegen. Durch diese Beziehungen gelingt es Iran, auch einen Teil der Sanktionen zu umgehen. Das betrifft nicht nur den Import von Konsumwaren, sondern auch von Waffen und technologischem Know-how. Selbst das Atomprogramm lässt sich auf diesem Weg weiterentwickeln. Im Übrigen gelangen trotz Boykotts selbst Waren aus den USA und Europa, sogar aus Israel in den Iran. Das Handelsvolumen mit diesen Staaten ist seit der Verschärfung der Sanktionen zum Teil sogar gestiegen.

Das iranische Regime kann sich, solange das Öl fließt, alles beschaffen, was es zu seinem Machterhalt benötigt. Und das Öl wird fließen, weil Länder wie China und Indien unter keinen Umständen darauf verzichten werden wollen und weil ein Boykott des iranischen Öls auch die Interessen des Westens erheblich beeinträchtigen würde.

Die Sanktionen haben das Regime in Teheran nicht in die Knie gezwungen und werden das auch in Zukunft kaum erreichen. Wohl aber bedeuten sie für die iranische Bevölkerung, die ohnehin schon seit Jahren unter der katastrophalen Wirtschaftslage leidet, noch mehr Entbehrungen, Arbeitslosigkeit und Armut.

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