Afghanistan statt Libyen

EINSATZ Deutschland macht nicht mit

BERLIN taz/dpa | Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat am Freitag den Entschluss der Bundesregierung bekräftigt, keine Soldaten nach Libyen zu schicken. Bei den Partnern habe Deutschland Respekt und Verständnis für diese Entscheidung gefunden. Wenngleich nicht für umsonst: Am gleichen Tag erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass Deutschland grundsätzlich bereit sei, sich mit Aufklärungsflugzeugen und Piloten an einem Awacs-Einsatz in Afghanistan zu beteiligen.

Funktioniert diese Abmachung, dann würde das Nato-Mitglied Deutschland die Nato bei einem möglichen Einsatz über Libyen entlasten. Gleichzeitig müsste sich Deutschland aber nicht an einem neuen Krieg beteiligen. Der UN-Sicherheitsrat hatte in der Nacht zum Freitag ein Flugverbot über Libyen beschlossen. Um dieses zu verteidigen, könnten etwa auch libysche Flugzeuge abgeschossen werden. Deutschland hatte sich der Abstimmung im Rat enthalten.

Im Bundestag sagte Westerwelle am Freitag, die Entscheidung keine Soldaten nach Libyen zu entsenden, sei nach einem schwierigen Abwägungsprozess gefallen. „Es gibt keinen chirurgischen Einsatz. Jeder Militäreinsatz wird zivile Opfer fordern.“

Die Aussprache im Bundestag, welche der Erklärung folgte, verlief turbulent. Während der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich der Regierung wahltaktische Motive und mangelnden Mut vorwarf, lobte der stellvertretende Fraktionschef der Linkspartei, Jan van Aken, den Außenminister überschwänglich: „Herr Westerwelle hat eine kluge und konsequente Entscheidung getroffen.“ Ein Kriegseinsatz sei falsch.

Umso heftiger attackierten die Oppositionsparteien einander. SPD und Grüne warfen van Aken Kriegstreiberei vor und wurden daraufhin von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) gerügt. Im Namen der Grünen begrüßte Fraktionsvorsitzende Renate Künast den UN-Beschluss, räumte aber gleichzeitig ein, dass die Frage eines Kriegseinsatzes in der Fraktion umstritten sei. „Wenn Gaddafi sein Volk nicht beschützt, sondern beschießt, stehen wir in der Verantwortung“, bekräftigte sie ihre Ansicht. Auch die SPD ist in der Frage eines Militäreinsatzes uneins. Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier hatten die Entscheidung der Bundesregierung begrüßt.

Noch während die Bundestagsabgeordneten debattierten, ließ Libyens Außenminister in Tripolis ankündigen, dass alle Kämpfe eingestellt seien. „Die Drohkulisse des UN-Sicherheitsrats scheint fürs Erste gewirkt zu haben. Umso fataler, dass Deutschland nicht dabei ist“, meinte der grüne Verteidigungsexperte Omid Nouripour zur taz. Deutschland hätte Ja zur UN-Resolution gegen Libyen sagen können, ohne sich an einem Jagdfliegereinsatz zu beteiligen.

Die Meinungsbildung geht weiter: Über ein Mandat für einen Awacs-Einsatz müsste der Bundestag abstimmen.