UN-Resolution Libyen: "Alle notwendigen Maßnahmen"

Die Libyen-Resolution ist die weitestgehende Ermächtigung zur Gewalt gegen einen Mitgliedsstaat, die der Sicherheitsrat seit dem Golfkrieg beschlossen hat.

Mark Lyall Grant und Susan Rice stimmen für die UN-Resolution zu Libyen. Bild: dapd

GENF taz | Erst zum zweiten Mal in der 66-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen hat der Sicherheitsrat in New York den Einsatz nahezu uneingeschränkter militärischer Zwangsmittel gegen ein Mitgliedsland autorisiert. Mit seiner Resolution 1973 verhängte der Rat in der Nacht zum Freitag eine Flugverbotszone über Libyen "zum Schutz der Zivilbevölkerung" vor weiteren Angriffen der Luftstreitkräfte des Gaddafi-Regimes.

Darüber hinaus ermächtigte der Rat "die Mitgliedsstaaten der UNO, national oder im Rahmen von Regionalorganisationen oder Bündnissen alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz von Zivilpersonen und zivilen Gebieten zu ergreifen,die von einem Angriff bedroht sind, einschließlich Bengasi".

Das bedeutet die Autorisierung nicht nur einer Bombardierung von Luftabwehrsystemen oder von libyschen Kampfflugzeugen oder -hubschraubern, die die Flugverbotszone verletzen, sondern auch von Luftangriffen gegen Gaddafis Regierungstruppen und ihre Panzer sowie gegen libysche Schiffe im Mittelmeer. Ausdrücklich ausgeschlossen wird in der Resolution lediglich die "Stationierung von Besatzungstruppen jeglicher Art auf libyschem Territorium".

Eine ähnliche weitreichende Ermächtigung zur Kriegsführung hatte der Sicherheitsrat zuvor lediglich Ende November 1990 beschlossen, als er dem damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein ein Ultimatum setzte, seine Besatzungstruppen aus Kuweit bis spätestens zum 15. Januar 1991 abzuziehen.

Während die Ende Februar verabschiedete Sanktionsresolution 1970 gegen Libyen noch einstimmig beschlossen worden war, erhielt die von Frankreich eingebrachte Resolution 1973 lediglich die Unterstützung von neun weiteren Ratsmitgliedern: den USA, Großbritannien, Portugal, Libanon, Bosnien-Herzegowina, Kolumbien, Südafrika, Nigeria und Gabun. Die beiden Vetomächte Russland und China sowie Indien, Brasilien und Deutschland enthielten sich.

Noch bei den anfänglichen Beratungen in der Nacht zum Donnerstag hatten die USA sowie die drei afrikanischen Ratsmitglieder zum Teil erhebliche Bedenken vorgebracht. Doch im Laufe des Donnerstags vollzog die Obama-Administration einen deutlichen Kurswechsel, nicht zuletzt unter Druck des Kongresses in Washington. In der Folge stellten auch die drei afrikanischen Ratsmitglieder ihre Bedenken zurück, zumal auf ihren Wunsch hin noch die Stationierung von Besatzungstruppen ausdrücklich ausgeschlossen wurde.

Der etwaige Einsatz militärischer Mittel soll in enger Kooperation mit den Staaten der Arabischen Liga stattfinden, die am letzten Samstag mit der Mehrheit von 17 ihrer 22 Mitgliedsstaaten die Verhängung einer Flugverbotszone über Libyen gefordert hatte. Vor allem mit dieser Forderung der Arabischen Liga begründete Chinas UNO-Botschafter Li Baodong, warum sein Land sich trotz "weiterhin schwerwiegender Bedenken gegen den Einsatz militärischer Mittel" enthalten habe, statt die Resolution durch ein Veto zu verhindern. Ähnlich äußerte sich auch Russlands Botschafter Witali Tschurkin.

Über die Ermächtigung zur Gewaltanwendung hinaus verschärfte der Sicherheitsrat die bereits verhängten Sanktionen. Zudem wurden die UN-Mitgliedsstaaten autorisiert, libysche Flugzeuge und Schiffe nach Waffen und Söldnern zu durchsuchen sowie an der Reise von und nach Libyen zu hindern.

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