Energiepolitik in Finnland: Fukushima? War da was?

Die Wahlniederlage der Grünen in Finnland zeigt: Trotz der Katastrophe in Japan ist das Vertrauen in die Atomenergie unverändert groß.

In Beton gegossenes Gottvertrauen: Bau des AKWs Olkiluoto 3. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | "Doch, man merkt schon, dass die Menschen am Energiethema interessiert sind", meinte Tuuli Kousa, die Kandidatin der Grünen für Helsinki, noch am Tag vor der Wahl zuversichtlich. Gleichwohl räumte sie ein: "Aber vielen gefällt es nicht, dass wir uns dazu entschieden haben, in der Regierung zu verbleiben, die den Bau von zwei neuen Atomreaktoren beschlossen hat."

Tags darauf stand fest, dass es Kousa nicht ins Parlament geschafft hat. Und auch ihre Partei, die mit zwei Ministern an der Regierung von Mari Kiviniemi beteiligt war, musste eine Niederlage einstecken. Sie rutschte von 8,5 auf 7,2 Prozent ab und verlor ein Drittel ihrer 15 Mandate.

Schon zuvor hatte sich abgezeichnet, dass sie nicht von der Katastrophe in Fukushima profitieren würden. Zwar geben 45 Prozent der Finnen in aktuellen Umfragen an, dass ihr Vertrauen in die Atomkraft gesunken sei. Doch noch immer halten 85 Prozent die vier finnischen AKWs für "vollkommen sicher". Immerhin wollen nur noch 48 statt zuvor 53 Prozent der Befragten, dass die beiden genehmigten Reaktoren tatsächlich gebaut werden.

Eines dieser beiden AKWs, die zusätzlich zu Olkiluoto 3 - dem einzigen AKW, das derzeit in Europa gebaut wird - geplant sind, will das vom deutschen Stromkonzern Eon geführte Fennovoima-Konsortium in der Nähe der Stadt Kemi errichten. Immerhin gab es dort Anfang April eine Antiatomkraftdemonstration mit mehreren hundert Teilnehmern. In den fast durchweg atomkraftfreundlichen Medien machte man sich dagegen vor allem darum Sorgen, dass Eon seine Neubaupläne überdenken könnte. Und als überaus positiv wurde die Versicherung aus Deutschland registriert, dass dies nicht der Fall sein werde.

Antrag für Reaktor Nummer acht

Nicht einmal die Grünen machten sich im Wahlkampf die Mühe, ein konkretes Ausstiegsszenario zu präsentieren. Man habe doch alles Menschenmögliche getan, indem die eigenen Regierungsmitglieder sich gegen einen weiteren Ausbau der Atomkraft ausgesprochen hätten, verteidigt der klima- und energiepolitische Sprecher Oras Tynkkynen die vorsichtige Politik seiner Partei. Mit ihrer Ablehnung der Atomkraft seien die Grünen in der Minderheit und müssten dies akzeptieren.

Obwohl das Land stark vom radioaktiven Niederschlag nach der Explosion von Tschernobyl betroffen war, macht die traditionelle finnische Atomkraftfreundlichkeit nicht einmal vor der Klientel der Grünen Halt: In der letzten Umfrage zum Thema äußerten sich gerade einmal 37 Prozent der Parteianhänger negativ über die Atomkraft und 21 Prozent sogar positiv.

Im Wahlkampf versicherte die Grünen-Vorsitzende Anni Sinnemäki, dass man sich an keiner Koalition beteiligen werde, die nicht deutlich macht, dass kein weiterer Reaktorneubau genehmigt wird. Den Antrag für Finnlands Reaktor Nummer acht hat der Energiekonzern Fortum nämlich schon in der Schublade liegen. Sinnemäki hofft, dass Fukushima zumindest diesen Neubau - nein, nicht verhindern - aber verzögern wird.

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