Basisdemokraten suchen Spitzenduo für die Bundestagswahl

URWAHL Die Grünen wollen mit einer quotierten Doppelspitze in den Wahlkampf 2013 ziehen. Über die Besetzung soll die Parteibasis abstimmen. Jetzt fehlen nur noch die KandidatInnen

BERLIN taz | Diesen wirklich guten Witz hat Claudia Roth wohl eher unabsichtlich gemacht. „Es gibt bei uns keine Personaldebatte“, sagte die Grünen-Vorsitzende am Montag nach Beratungen des Vorstands und des Parteirats. Bei den Journalisten löste das spontanes Gelächter aus. Schließlich wartet die Partei seit Wochen darauf, dass sich ihr Spitzenquartett auf ein Team für die Bundestagswahl einigt.

Die Beschlüsse, die Roth dann verkündete, klären vor allem das formelle Verfahren. Doch das lässt sich von Personalfragen im grünen Machtkampf derzeit nicht trennen. Zwei Punkte haben die Gremien abgesegnet: Ein quotiertes Spitzenduo soll 2013 im Wahlkampf antreten. Und bestimmt wird dieses Duo – wenn mehr als zwei KandidatInnen antreten – in einer Urwahl von allen Parteimitgliedern.

Um eine solche möglich zu machen, werde der Länderrat am 28. April die Durchführungsbestimmungen erarbeiten, erklärte Roth. Grundsätzlich hatte zwar schon der letzte Parteitag in Kiel die Satzung so geändert, dass auch personelle Aufstellungen für Wahlkämpfe – und nicht allein programmatische Fragen – von der Basis bestimmt werden können. Der Länderrat muss jedoch jetzt beispielsweise klären, ob KandidatInnen vorab eine bestimmte Zahl von Unterstützerunterschriften oder -kreisverbänden brauchen.

Dabei ist weiter unklar, ob es überhaupt zu einer Urwahl kommt. Denn die Grünen-Gremien legten eine Bedingung fest, die unmittelbar einleuchtet: Es müssen überhaupt KandidatInnen zur Wahl stehen. Von den vier mächtigsten Grünen (siehe oben) hat bisher nur eine Interesse angemeldet. Roth selbst hatte im taz-Interview angekündigt: „Ja, ich stelle mich zur Wahl, wenn es um die Besetzung eines Spitzenteams für die Grünen geht.“ Gestern sorgte sie für Verwirrung, weil sie diese Aussage so deutlich nicht wiederholen wollte. Sie sei „grundsätzlich bereit“, sich an einem Spitzenteam zu beteiligen, erklärte Roth gewunden. In ihrem Umfeld hieß es dazu, sie bleibe bei ihrem Anspruch – wolle aber den formalen Entscheidungen des Parteirats nicht vorgreifen. Wenn sie ihre Ankündigung einlöst, hätte sie bei einer Urwahl sicher gute Chance. Roth ist bei der Basis beliebt und pflegt viele strategische Kontakte in Kreisverbände.

Für das Spitzenteam gilt vielen in der Partei Jürgen Trittin als gesetzt. Der Fraktionschef hat sich auf finanzpolitische Themen spezialisiert und ist die starke Stimme der Fraktion bei wichtigen Themen, etwa der Eurokrise. Ein Duo Roth/Trittin ist also nicht unwahrscheinlich.

Im Realoflügel findet diese Variante aber wenig Gegenliebe, weil dann zwei Parteilinke vorne stünden. Einige Vertreter hatten Trittin zuletzt gar die alleinige Spitzenkandidatur angetragen, auch um die nach der Berlinwahl geschwächte Reala Renate Künast auszubooten. Diese Lösung hat Roth mit ihrem Veto verhindert. Klar ist: Dass der 16-köpfige Parteirat jetzt das quotierte Duo und eine Urwahl unterstützt, ist auch ein Sieg für Roth. Und bei den Realos wird der Druck wachsen, eine Gegenkandidatin zu präsentieren.

ULRICH SCHULTE