Schlappe für Radikalopposition

LINKE Die Partei verpasst den Wiedereinzug in den Kieler Landtag. Interne Streitigkeiten und extreme Positionen werden vom Wähler nicht goutiert

KIEL taz | Sie haben gekämpft bis zum Schluss: Gregor Gysi reiste Freitag noch einmal zu zwei großen Kundgebungen an, am Sonnabend warben Parteimitglieder an zahlreichen Orten von Flensburg bis Lübeck um Stimmen. Geholfen hat es nicht – die Linke, die im Herbst 2009 erstmals ins Kieler Landeshaus einzog, schaffte bei der gestrigen Wahl in Schleswig-Holstein nur 2,3 Prozent. Eine herbe Niederlage für die Spitzenkandidatin Antje Jansen.

Die gelernte Erzieherin, die bis 2001 bei den Grünen Landessprecherin war, hatte im Wahlkampf stets betont, die Linke werde den Wiedereinzug schaffen: „Wir sind mit einer politischen Vision angetreten, wir werden gebraucht.“ Doch in den letzten Monaten sprachen die Umfragen eine andere Sprache.

Ein Grund für den Absturz der Partei dürfte sein, dass ProtestwählerInnen sich offenbar zurzeit bei den Piraten besser aufgehoben fühlen. Doch hausgemachte Probleme kamen hinzu.

So galt die Landespartei lange als zerstritten, gegenseitige Angriffe waren an der Tagesordnung. Der Wahlerfolg half zwar, die Lage zu beruhigen, doch die sechsköpfige Fraktion setzte im Landtag häufig auf radikale Opposition. Unter anderem trug sie die Schuldenbremse nicht mit, die die anderen Parteien gemeinsam in die Landesverfassung aufnahmen. Die Linken stellten sich gegen die Sparpläne, mit denen der Haushalt des verschuldeten Landes saniert werden sollte, und verlangten Mehrausgaben für Bildung und Soziales. Das machte oft die Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg schwierig. Ganz angekommen im Landtag seien die Linken nur teilweise, heißt es aus anderen Fraktionen.

Interne Unstimmigkeiten kamen hinzu, die sich nach außen durch häufige Wechsel im Fraktionsvorsitz zeigten. „Einen Gefallen haben die sich damit nicht getan“, so eine Oppositionspolitikerin. Wenn der inhaltliche Kampf gegen die Piraten „wie Boxen gegen Pudding“ sei, dann fühle es sich mit der Linken „wie gegen Beton“ an, klagte der Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, in einer taz-Diskussionsrunde, an der auch der Linke Ulrich Schippels teilnahm. Der sah trotz der miserablen Umfragewerte keinen Anlass zur Selbstkritik: „Meine Fraktion hat klaren Kurs gehalten.“

ESTHER GEISSLINGER