Kopf und Bauch

Als wir ihn kennengelernt haben, war er der liebe Gott. Seine „Notizen aus der Provinz“ waren die einzige Sendung, die wir gesehen haben. Wir hatten ja keinen Fernseher und mussten immer zum Nachbarn gehen. 1978 standen wir dann zum ersten Mal mit dem Gott des Kabaretts auf der Bühne. Er war optimistisch, lustig, warmherzig und liebenswert. Und er behandelte einen immer auf Augenhöhe.

Der Witz kommt vom Kopf. Der Humor hingegen aus dem Bauch. Er ist etwas Angeborenes. Dieter Hildebrandt hatte beides. „Nicht der ist der Nestbeschmutzer, der auf das beschmutzte Nest zeigt, sondern der, der das Nest beschmutzt“, hat er gesagt. 1980 haben wir mit dem „BayWa“-Lied die bayrische Hymne umgedichtet. Das Lied wurde direkt vor der Neujahrsansprache von Franz Josef Strauß im Fernsehen ausgestrahlt. Danach hatten wir Auftrittsverbot, wegen Verunglimpfung der Hymne, obwohl es nicht mal eine offizielle Hymne war. Dieter Hildebrandt hat uns daraufhin in seine „Scheibenwischer“-Sendung geholt. Die wurde vom Sender Freies Berlin live über die ganze ARD ausgestrahlt, auch in Bayern. Wir konnten unser Lied spielen, und sie konnten es nicht mehr ausblenden.

Dieter Hildebrandt war nie verletzend oder unmenschlich. Er war eine unglaubliche moralische Instanz, ohne ein Moralist zu sein. Man hat sich nicht schlecht gefühlt in seiner Gegenwart, trotz seiner unglaublichen Meisterschaft. Es ist eine Gnade, dass dieser Mensch so alt geworden und dabei so frisch geblieben ist.

CHRISTOPH WELL, BIERMÖSL BLOSN