Der Professor und das Babyglück

KINDERWUNSCH Ein österreichischer Arzt befruchtet Eizellen mit umstrittenen Methoden – und macht deutschen Medizinern Konkurrenz. Die sind empört. Der Streit beschäftigt die Justiz. Es geht vor allem um viel Geld

■ Die Verfahren: Bei der künstlichen Befruchtung werden Sperma und Eizelle außerhalb des Körpers zusammengefügt. Bei der klassischen In-vitro-Fertilisation etwa, abgekürzt als IVF, geschieht das im Reagenzglas. Bei der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion, kurz ICSI, werden zu wenig bewegliche Spermien mit einer Pipette in die Eizelle gebracht. Insemination heißt: das aufbereitete Sperma während der fruchtbaren Tage in die Gebärmutter setzen. Die Eizellen müssen dann nicht unter Narkose entnommen werden, allerdings hilft diese Methode vielen Paaren nicht. Sperma und Eizellen können vor der Befruchtung tiefgekühlt in Flüssigstickstoff aufbewahrt werden.

■ Die Zahlen: Laut deutschem IVF-Register wurden 2012 in den 120 deutschen Kinderwunschzentren 47.807 Frauen behandelt. Die meisten Frauen brauchten mehr als einen Behandlungsversuch, um schwanger zu werden.

■ Das Geld: Verheiratete Paare, die gesetzlich versichert sind, erhalten 50 Prozent der Kosten, wenn sie das vor der Behandlung beantragen. Allerdings wird nur eine begrenzte Zahl von Versuchen erstattet: drei nach dem IVF-Verfahren, drei mit ICSI oder acht mit natürlicher Insemination.

AUS BREGENZ HEIKE HAARHOFF

Die Paare, die das Imperium des Professor Herbert Zech betreten, laufen über das Parkdeck eines Warenhauses in der Innenstadt von Bregenz am Bodensee, bis sie die Glastür mit dem bescheidenen Praxisschild erreichen: „IVF Zentren Prof. Zech – Bregenz GmbH“. Wer in diesem Geschäft Erfolg haben will, muss Diskretion bieten.

Unfruchtbarkeit, vorzeitige Wechseljahre, verstopfte Eileiter, Impotenz. Es sind intime Angelegenheiten, mit denen sich Frauen und Männer an den österreichischen Frauenarzt wenden. Manche reisen aus den USA, aus Russland oder Indien an, die meisten aus Europa. Es geht um existentielle Fragen, sodass Geld für viele zur Nebensache wird, weil das, wofür sie alles geben würden, gerade unerreichbar scheint: das eigene Kind.

„Zu uns“, sagt Herbert Zech in seinem Sprechzimmer, „kommen die schweren Fälle.“

Der österreichische Professor ist für einige die letzte Hoffnung. Danksagungskarten und edle Schokoladenpräsente auf seinem Schreibtisch zeugen davon, Blumensträuße zieren die Fenster des schlichten Büros, dahinter die Weite des Bodensees.

Von hier aus regiert Zech, 65, seit bald 30 Jahren sein Reich. Er ist ein kleiner Mann mit dem entschlossen-aufrechten Gang eines Tanzlehrers. Sechs Kinderwunschkliniken unterhält er, zwei davon in Österreich, eine in der Schweiz, in Tschechien, Italien und in Liechtenstein. Jetzt will der Reproduktionsmediziner eigentlich Deutschland erobern.

„Längst wären wir hier schon früher aktiv geworden, wenn die Gesetzeslage nicht so streng wäre“, sagt Zech.

„Der Liebe Leben geben“ lautet das Motto seiner Firma. Und dank dieser Leben verdient er ordentlich Geld. Seine Praxis am Bodensee ist von 150 Quadratmetern auf 2.000 gewachsen. Seinen Erfolg verdankt der Professor einem knallharten Geschäftsmodell.

Die deutschen Kollegen versuchen, ihn gar nicht erst auf ihren Markt zu lassen. „Unlauter, unseriös, unethisch“, nennt Gerhard Leyendecker Zechs Methoden. Er ist Chef des Kinderwunschzentrums Darmstadt und einer der liberalsten Reproduktionsmediziner Deutschlands. Zech, sagt Leyendecker, suggeriere Patientinnen, bei ihm sei alles besser, und diffamiere nebenbei deutsche Fortpflanzungsmediziner. „Skrupellos“ findet ihn der Leiter des Universitären Kinderwunschzentrums Lübeck, Georg Griesinger.

Die Justiz in München, Köln und Berlin ermittelt

Der Empörung dürften auch wirtschaftliche Überlegungen zugrunde liegen. 120 reproduktionsmedizinische Zentren haben den deutschen Markt unter sich aufgeteilt. 47.807 Patientinnen wurden nach Angaben des Deutschen Registers für In-vitro-Fertilisation 2012 wegen einer künstlichen Befruchtung behandelt. Die Furcht, dass einer wie Zech den deutschen Ärzten ihr Millionengeschäft streitig machen könnte, ist groß.

Herbert Zech sagt: „Wir machen gute Arbeit und werden bekämpft. Dabei machen wir nichts anderes, als fast jede Methode anzubieten, wenn die Frau sie braucht.“ Er lächelt sein herausforderndes Lächeln, weil er weiß, dass das, was er nun sagen wird, seine Kritiker provoziert: „Wir bieten die Methode jeweils dort an, wo sie ethisch korrekt ist.“

Hat eine Frau, etwa aus Deutschland, wo die Gesetzeslage restriktiver ist als in Österreich, mehrere erfolglose künstliche Befruchtungsversuche hinter sich, bietet Zech ihr in Bregenz an, etliche Embryonen außerhalb des Körpers in einer Nährlösung zu züchten. Nach fünftägiger Beobachtung selektiert er von diesen Blastozysten, wie die Embryonen in diesem Entwicklungsstadium heißen, nur die ein oder die zwei fittesten und setzt sie in die Gebärmutter. Die übrigen friert er ein. Das soll die Chancen erhöhen.

Wird eine Eizellspende gebraucht, die in vielen europäischen Ländern verboten ist, behandelt Zech seine Patientinnen in seiner Klinik in Tschechien. Wenn gar eine Leihmutter nötig ist, sagt er, „schick ich’s an die Kollegen in Chicago und Boston“.

Mit der Medizinethik, sagt Zech, sei es wie mit dem Autofahren: „In dem einen Land dürfen Sie 240 Stundenkilometer fahren, und es passiert Ihnen nichts, und in dem anderen Land wandern Sie dafür in den Knast.“

Derzeit behandle er 2.000 Frauen jährlich allein am Standort Bregenz, 70 von 120 Mitarbeitern beschäftigt er dort, seine Frau, seine drei Kinder und deren Ehepartner gehören zum Team. Deutsche Kinderwunschkliniken haben im Durchschnitt 400 Patientinnen pro Jahr.

Zech sagt: „Die Frauen kommen zu uns, weil unsere Schwangerschaftsraten sehr gut sind.“

Besser als anderswo? „Das müssen Sie selbst beurteilen“, er lächelt wieder, und wäre da nicht der leicht gereizte Ton, man würde ihm abnehmen, dass er tatsächlich über den Dingen steht. „Ich darf das nicht mehr behaupten“, knirscht er.

Denn damit begann vor etwa vier Jahren der ganze Ärger mit den Kollegen aus Deutschland. Stellvertretend ging einer von ihnen, der Frauenarzt Ulrich Noss aus München, Leiter des dortigen Zentrums für Reproduktionsmedizin, ab 2010 gegen Zech vor, wettbewerbsrechtlich zunächst. Später folgten Strafanzeigen – nicht von ihm, sagt Noss – wegen Verstoßes gegen das Embryonenschutzgesetz.

Was wiederum Zech nicht auf sich sitzen lassen wollte, weswegen er seit November mit Hilfe einer Kanzlei aus Lindau seinerseits deutsche Reproduktionsmediziner mit Strafanzeigen überzieht, Gerhard Leyendecker aus Darmstadt, Georg Griesinger aus Lübeck und Ulrich Noss aus München gehören dazu.

Weitere Anzeigen, das bestätigen die zuständigen Staatsanwaltschaften, richten sich gegen die Chefs großer Kinderwunschkliniken aus Köln, Düsseldorf und Nürnberg. Es heißt jetzt: Herbert Zech gegen die deutsche Reproduktionsmedizin.

Zech hält seine Kritiker für ethische Zauderer und handwerklich miserable Missgünstlinge, die ihm seinen Erfolg neiden. In den Augen der deutschen Kollegen dagegen ist Zech ein aufgeplusterter Geschäftemacher, der sich mit unfairen Methoden an verzweifelten deutschen Patientinnen produziert und so das fragil austarierte Machtgefüge der Reproduktionsmedizin aus dem Gleichgewicht bringt.

Es geht um Claims, Behandlungszahlen, Renommee. Aber weil das nicht passt zu dem Bild des selbstlosen Helfers, das Ärzte gern von sich zeichnen, führen sie einen Stellvertreterkrieg, in dessen Mitte die eine große Frage steht, die immer Aufmerksamkeit garantiert: Wer hat wann, wo und in welcher Form gegen ethische Grundsätze verstoßen?

Es ist einer der spektakulärsten Konflikte innerhalb der Ärzteschaft, an dessen Ende, dieser Wunsch immerhin verbindet Herbert Zech und viele seiner Kontrahenten, eine Reform des Embryonenschutzgesetzes von 1990 stehen könnte.

2010 wirbt Zech auf seiner Klinik-Homepage und auf Patientenveranstaltungen damit, seine Schwangerschaftsraten seien dank der ihm erlaubten Methoden nicht nur besser, nein, sie seien sogar doppelt so hoch wie in Deutschland.

Für Zechs Thesen habe es damals wie heute keine wissenschaftlichen Belege gegeben, sagt der Münchner Fortpflanzungsmediziner Noss. Er gluckst fröhlich ins Telefon, wenn er sich an den Ausgang des Verfahrens im Juli 2011 vor dem Landgericht München erinnert: „Gegen Androhung einer Strafe von 250.000 Euro muss Herr Zech nun unterlassen zu behaupten, seine Schwangerschaftsraten seien besser als unsere.“

Das aber war nur der Anfang. Nun wird die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, inklusive Haus- und Praxisdurchsuchungen, Strafbefehlen und Anklagen. Mittlerweile laufen bundesweit rund 120 sehr unterschiedliche Verfahren, mindestens sieben deutsche Strafverfolgungsbehörden sind beteiligt, demnächst vermutlich Gerichte in München, Berlin und Köln.

Es gibt wenige Felder, in denen sich so leicht und schnell so viel Geld verdienen lässt wie mit der Fortpflanzungsmedizin: 19 Millionen Euro gaben die gesetzlichen Krankenkassen 2012 für künstliche Befruchtungen aus. Den Ärzten bringt das Geschäft mit der Fruchtbarkeit weitaus mehr: Denn die Kassen übernehmen in der Regel nur die Hälfte der Behandlungskosten, weitere 19 Millionen Euro pro Jahr zahlen die gesetzlich Versicherten selbst.

Sie machen aber nur die Hälfte der Patienten aus. Zehn Prozent sind privat Versicherte, für die die Reproduktionsmediziner nach der Gebührenordnung für Ärzte den 1,8- bis 3,5-fachen Satz abrechnen, die übrigen 40 Prozent sind Selbstzahler. Die Preise, die die Privaten und die Selbstzahler bezahlen müssen, betragen mitunter das Dreifache von dem, was die Ärzte für gesetzlich Versicherte abrechnen dürfen.

„So viele Selbstzahler haben Sie in keinem anderen Bereich der Medizin“, sagt ein Funktionär aus dem Berufsverband der Reproduktionsmediziner. Selbst die Kassenärztliche Bundesvereinigung glaubt, dass Praxen mit dem Zusatzschwerpunkt Reproduktionsmedizin pro Jahr mehr verdienen als die 144.000 Euro, die das statistische Bundesamt als Durchschnitt für gynäkologische Praxen angibt. Selbstverständlich sei er Millionär, hat einer der Großen vor ein paar Jahren in einem Interview gesagt.

Die Konflikte drehen sich aber nicht bloß ums Geld. Wo verlaufen die Grenzen des Kinderwunsches, ethisch wie juristisch wie ökonomisch? Wie aggressiv darf ein Arzt behandeln, wie viel selektieren?

Trotz seiner Niederlage vor dem Landgericht München 2011 beschließt Zech, den deutschen Markt nicht aufzugeben. 3.000 bis 5.000 Euro kostet hier eine künstliche Befruchtung, konservativ geschätzt. Bis zu einer erfolgreichen Schwangerschaft sind mitunter drei oder mehr Versuche nötig.

Die meisten gesetzlichen Kassen in Deutschland zahlen nicht mehr als drei Versuche und die auch nur dann, wenn die Frauen nicht älter als 40 und die Männer unter 50 Jahre sind. 40 Prozent der Behandelten fallen aus diesem Erstattungsraster, 40 Prozent von 47.807 Patientinnen. Wie viele dieser Frauen könnten ihr Geld in einer Zech-Klinik ausgeben?

Schon 2007 hat Herbert Zech in München die „Kinderwunsch-Informationszentrum Deutschland Prof. Zech GmbH“ gegründet. „Das war nur gut gemeint“, sagt Zech in Bregenz. Eine Beratungsstelle. „Ich wollte den Frauen bloß einen Service bieten.“

Zechs Handlanger, schimpfen seine deutschen Wettbewerber, lockten potenzielle Patientinnen aus Deutschland mit geschönten Statistiken und auch mit hierzulande illegalen Behandlungsangeboten ins Ausland, ohne dass klar sei, dass die Frauen davon einen größeren Nutzen hätten. Beihilfe zum Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz nennen Juristen das. Außerdem zahle Zech deutschen Frauenärzten, die mit ihm kooperierten und Patientinnen auf die Eingriffe im Ausland medizinisch vorbereiteten, vermutlich Fangprämien, die Rede ist von 200 bis 500 Euro pro Übermittlung. Zech bestreitet das.

Als durchsickert, dass Zech weitere Servicestellen in Köln und Hamburg aufmachen will, werden die Attacken härter. Verantwortlich: Rechtsanwälte wie Ingo Hamecher aus Grevenbroich bei Köln. In wessen Auftrag, sagt Hamecher nicht. In seinen Strafanzeigen ab September 2009 gegen Zech und Mitarbeiter beruft Hamecher sich auf eine enge Auslegung des Embryonenschutzgesetzes, die unter Ärzten „Dreierregel“ heißt.

Nach der Dreierregel macht sich strafbar, durch wessen Behandlung „innerhalb eines Zykluses mehr als drei Embryonen entstehen und sodann eine Selektion aus denselben erfolgt“. Genau das aber, also die Befruchtung von mehr als drei Eizellen, ist aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den meisten Kinderwunschzentren in Deutschland als „deutscher Mittelweg“ mittlerweile Alltag. Übrigens auch in den Kliniken von Zechs Kritikern Noss, Leyendecker und Griesinger.

Die Dreierregel und der deutsche Mittelweg

„Das Embryonenschutzgesetz gehört reformiert“, urteilt der Düsseldorfer Gynäkologie-Professor Jan-Steffen Krüssel. Er ist eine Instanz der deutschen Fortpflanzungsmedizin, Mitglied einer Arbeitsgruppe an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die 2014 Eckpunkte für ein Fortpflanzungsmedizingesetz vorlegen will. Krüssel sagt: „Es gibt den dringenden Bedarf für eine einheitliche Regelung für ganz Deutschland, die dem Stand der internationalen Wissenschaft entspricht und auch unseren Patientinnen und Patienten ermöglicht, nach diesem Stand behandelt zu werden.“

Die Anhänger der Dreierregel interpretierten das Gesetz von 1990 quasi wörtlich – und gingen davon aus, dass pro Zyklus maximal drei Eizellen befruchtet werden dürften. Seit etwa 1998 aber, sagt Krüssel, sei wissenschaftlich anerkannt, dass längst nicht jede befruchtete Eizelle das Potenzial hat, sich zu einem Embryo zu entwickeln. Je nach Alter der Frau sind es bloß 20 Prozent.

Zugleich wuchsen die technischen Möglichkeiten, befruchtete Eizellen in ihrer Entwicklung nicht nur zwei Tage außerhalb des Körpers zu beobachten, sondern bis zu fünf Tage. Wer unter diesen Bedingungen weiterhin nur drei Eizellen befruchtete und ohne weitere Kontrolle einsetzte, der spielte Lotterie mit der Gesundheit der Frau und ihrem Kinderwunsch, anstatt seinen Job zu machen. Zumal das Gesetz an anderer Stelle den Embryo definiert als „die befruchtete, entwicklungsfähige Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an“. Man könnte also schließen, dass nicht-entwicklungsfähige Eizellen keine Embryonen im Sinne des Gesetzes sind.

Im Grunde, sagt Krüssel, dürften die deutschen Reproduktionsmediziner damit fast dasselbe wie ihr österreichischer Kollege Zech. Auch sie dürften Blastozysten bis zum Tag fünf außerhalb des Körpers kultivieren. Mit dem Unterschied, dass ihnen die absichtliche und routinemäßige Vorratshaltung, wie Zech sie betreibe, verboten sei.

„Es geht in Deutschland also darum, dass wir uns im Vorfeld anhand bestimmter Parameter überlegen, wie viele Eizellen wir ins Rennen schicken, um am Ende möglichst keine überzähligen, entwicklungsfähigen Embryonen zu haben“, sagt Krüssel. Ganz genau freilich lasse sich das nie berechnen. Die überzähligen Embryonen würden meistens eingefroren und wieder aufgetaut, wenn die Frau beim ersten Versuch entweder nicht schwanger geworden sei oder später ein weiteres Kind wolle.

Wenn das alles in Deutschland aber erlaubt ist: Wie kann es dann sein, dass zugleich gegen Ärzte aus Deutschland, die Patientinnen zu Herbert Zech geschickt haben, ermittelt wird – und zwar wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz?

Herbert Zech treiben diese Fragen um, schnellen Schrittes führt er durch seine Praxis, 1984 haben er und seine Frau, eine Biologin, hier angefangen, sie kamen damals aus den USA zurück, zwei Jahre hatten sie als Wissenschaftler in Kentucky in einer Forschungsgruppe für Kinderwunschbehandlungen gearbeitet, 1985 dann verhalf Zech dem ersten russischen Retortenbaby zum Leben und kurz darauf auch dem ersten ungarischen, es waren die Pionierjahre der Fortpflanzungsmedizin, die Zechs wurden auf Kongressen gefeiert, und „nie“, sagt Herbert Zech, „nie hatte ich Konflikte mit der Justiz“.

Im Februar 2011 lässt die Staatsanwaltschaft München Zechs Kinderwunschinformationszentrum in München durchsuchen. Sie stellt sicher: Eine Kiste mit Patientenakten, eine Teilnehmerliste eines Infoabends, zwei Auflistungen zu Ärzten. Darauf: rund 100 Namen, Adressen und Telefonnummern deutscher Ärzte. Alle haben mit Zech zusammengearbeitet.

Deutschlandweit werden nun Frauenarztpraxen durchsucht. Die meisten Ermittlungsverfahren werden gegen Geldzahlungen eingestellt. Der Frauenarzt Manfred M. aus Berlin, der dem Strafbefehl widerspricht und deswegen vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten auf seinen Strafprozess wartet, ist einer der wenigen, die sich gegen die Anschuldigungen wehren (sonntaz vom 12.10.2013, taz.de/eizelle).

„Da“, sagt Zech, „hatte ich wirklich genug.“

Die Ermittlungen gegen Herbert Zech persönlich stellt die Staatsanwaltschaft München im August 2011 ein. Zechs Kooperationspartner sind nun vorsichtig. Um 15 bis 20 Prozent, sagt Herbert Zech, seien seine Behandlungszahlen damals vorübergehend zurückgegangen. Im September 2012 löst Zech das Münchner Informationszentrum auf. Die Pläne für die Filialen in Köln und Hamburg gibt er auf – vorerst.

Zech macht die Ermittlungen publik und erzählt Patientinnen, in Deutschland sei es verboten, mehr als drei Eizellen zu befruchten. Im Grunde referiert er nichts anderes als den Inhalt der Strafanzeigen und der Durchsuchungsbeschlüsse. Es folgt: eine weitere Klage wegen unlauteren Wettbewerbs gegen ihn. Zech soll nicht mehr behaupten, es sei in Deutschland verboten, mehr als drei Eizellen zu befruchten.

„Da“, sagt Zech, „hatte ich wirklich genug.“

Er wolle jetzt, sagt er, eine „grundsätzliche Klärung“. Entweder ist es in Deutschland zulässig, mehr als drei Eizellen zu befruchten, weiter zu kultivieren und am Ende notfalls einzufrieren oder zu verwerfen. Dann aber wären die Strafanzeigen gegen ihn und seine deutschen Partner absurd.

Oder das alles ist verboten. Dann aber würden alle deutschen Ärzte, die den deutschen Mittelweg praktizieren, gesetzeswidrig handeln. Seit Mai 2013 lässt Zech diese Frage diverse Staatsanwaltschaften prüfen, eine abschließende Klärung steht aus.

„Herrn Zech“, sagt der Düsseldorfer Staatsanwalt Christoph Kumpa, „geht es offensichtlich darum, durch die Hintertür die Rechtsauffassung der Münchner Kollegen auszuhebeln, die seine Kooperationspartner in Deutschland verfolgen.“

Für eine gesetzliche Klärung seien aber nicht die Staatsanwaltschaften zuständig. Kumpa jedenfalls hat den deutschen Mittelweg zur „in der Literatur herrschenden Meinung“ deklariert und das Verfahren gegen einen Düsseldorfer Reproduktionsmediziner eingestellt. Seine Kölner Kollegen haben das mit einer entsprechenden Anzeige auch getan – verfolgen aber weiterhin einen von Zechs Kooperationspartnern wegen des Vorwurfs, er habe geholfen, dass mehr als drei Eizellen befruchtet wurden.

Erklären kann diese Logik der für Presseanfragen zuständige Staatsanwalt nicht. In Lübeck, Nürnberg und Darmstadt wird noch geprüft, wie überhaupt umzugehen sei mit diesen Anzeigen.

In Bregenz schaut Herbert Zech von seinem Büro aus auf den Bodensee. Um über die Grenze zu blicken, braucht er nicht mal ein Fernglas. Sobald die Gesetzeslage in Deutschland geklärt sei, sagt er, werde er dort wieder aktiv.

Heike Haarhoff, 44, ist taz-Gesundheitsredakteurin