„Wir werden genau hinsehen“

VIELFALT Frauen in Spitzenpositionen zu bringen reiche nicht aus, sagt Männerrechtler Martin Rosowski. Die Reformen müssten tiefer gehen

■ ist Vorsitzender des Interessenverbands Bundesforum Männer und Geschäftsführer der Männerarbeit bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

taz: Herr Rosowski, die SPD-Minister Schwesig und Maas haben ihre Leitlinien für eine Frauenquote vorgestellt. Wie gefällt Ihnen, dass Frauen per Gesetz an die Spitze von Unternehmen kommen sollen?

Martin Rosowski: Wenn Frauen der Überzeugung sind, dass eine Quote gebraucht wird, sind wir die Letzten, die etwas dagegen haben. Aber fraglich ist, ob Führungsmanagement nicht grundsätzlich überdacht und Führungspositionen vielfältiger besetzt werden sollten. Es reicht nicht aus, nur Frauen nach oben zu bringen, sondern auch Menschen, die Lebensentwürfe mitbringen, die es momentan in den Topjobs schwer haben.

Welche sollen das sein?

Aktive Mütter und Väter zum Beispiel, die nicht nur ihre Karriere, sondern auch ihre Familie im Blick haben.

Der Vater einer Tochter, SPD-Chef Gabriel, hatte Schwesig noch vor einer Woche in Sachen Quote zurückgepfiffen.

Manuela Schwesig erfährt von der Koalition offensichtlich nicht die Wertschätzung, die sie verdient – anscheinend nicht einmal in den eigenen Reihen. Das widerspricht dem Image der sonstigen „SPD-Frauenpower“.

Irritiert Sie das?

Das ist nicht unser Problem. Wir erleben jedenfalls eine authentische und ehrliche Ministerin, die gleichstellungsorientierte Ideen auf offensive Art und Weise kommuniziert und transportiert. Uns kommt das entgegen. Aber wir werden auch genau hinsehen, wie konsequent sie Gleichstellungsthemen für Frauen und Männer durchsetzt.

Welche Themen sollen das sein?

Das „Elterngeld Plus“, wobei sich zeigen muss, ob es tatsächlich eine Alternative zu den Partner-Monaten beim herkömmlichen Elterngeld sein wird. Oder Teilzeit für Eltern. Mit ihrem Vorstoß für eine 32-Stunden-Woche für Mütter und Väter gleichermaßen ist Frau Schwesig trotz der Kritik auf dem richtigen Weg.

Im Wahlkampf haben die SPD und Manuela Schwesig zugesagt, beispielsweise das Betreuungsgeld wieder abzuschaffen. Davon war nach dem Wahlsieg keine Rede mehr.

Der gesamte Koalitionsvertrag steckt voller gleichstellungspolitischer Lippenbekenntnisse. Wir hätten uns unter anderem so etwas wie eine Initiative neuer Männerrollen gewünscht. Frau Schwesig wird sich nun an dem messen lassen müssen, was sie konkret erreicht.

Was macht Schwesig anders als ihre Vorgängerin Kristina Schröder?

Manuela Schwesig betont in Gesprächen, dass sie bei Gleichstellung stets die Männer mit im Blick habe. Sie hebt das allerdings weniger hervor, als das Kristina Schröder getan hat, die mit expliziter Rhetorik für Männer und Jungen punkten wollte. Wirklich etwas herausgekommen ist dabei für beide jedoch nichts.

INTERVIEW: SIMONE SCHMOLLACK