Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Ab Donnerstag steigt es wieder: das Vier-Tage-Marathon-Festival des Freien Theaters „100° Berlin“. Benannt nach dem angestrebten Hitzefaktor ist dieses Festival längst eine Mega-Casting-Show für den Aufstieg in die Bundesliga der Freien Szene geworden. Shuttles sollen die Zuschauer zwischen den Spielstätten hin- und hertransportieren, den drei HAUs nämlich und den Sophiensälen. Und nicht mal im Shuttle hat man vom Performativen Ruhe: Es werden Hörstücke aus der Geschichte des Kurfürstendamms zu hören sein, der offenbar auch wieder hot zu sein scheint. Fest institutionalisiert sind längst die sogenannten MitternachtssprecherInnen, ein gemischtes Doppel aus Theatermachern und Kritiker. Immer um null Uhr erstattet das Duo des jeweiligen Tages dann seinen Überforderungsbericht. Dann kann man vom Zusammenschluss einer Gruppe aus Künstlern und Wissenschaftlern berichten, die unter dem Namen „Europäische Gemeinschaft für kulturelle Angelegenheiten“ für die Schaffung einer kritischen Gegenöffentlichkeit sorgen will, um der stigmatisierenden Berichterstattung über die von der Euro-Krise betroffenen Länder entgegen zu treten. Schirmherr ist Volksbühnenchef Frank Castorf. Im Kontext der Aktionen der Gruppe wurde die Reihe Krisenf€st ins Leben gerufen, die mit Theateraufführungen, Diskussionen oder Workshops eine mehrdimensionale und intermediale, inhaltliche wie ästhetische Auseinandersetzung mit der Wirtschafts-, Finanz- und Eurokrise anregen will – und zwar im Dialog und Kooperation mit den betroffen Ländern. Erster Gegenstand der theatralischen Untersuchung (zwischen Theater, Trinken aund Diskurs) wird am Donnerstag in der Kulturbrauerei Griechenland sein. Weitere Feste zu Portugal, Italien und anderen europäischen Ländern im Würgegriff der Ratingagenturen sind in Planung

■ 100° Berlin: Sophiensaele, HAU 1-3, Do-So

■ Krisenf€st: Kulturbrauerei, Do