Viktorianische Verwirrspiele mit Sister Chain & Brother John

An der Playstation der Gegenwart hat man doch ganz andere Möglichkeiten, seine Träume zu verwirklichen. Früher hätten Sister Chain & Brother John so noch mit dem Klingelbeutel von Tür zu Tür ziehen müssen, und heute macht man das eben im Netz mit Crowdfunding, mit dem die beiden ihr zweites Album „The Androgyne Show“ finanzieren ließen. Gibt es digital als Download und auf Vinyl als Langspielplatte, auf deren Cover sich das Duo dann wie ein aus dem Viktorianischen Zeitalter herausgefallenes Pärchen inszeniert, vielleicht gerade in einem Fotostudio in Neuengland gestrandet. Und draußen steht schon der Planwagen, um noch mal den weiten Westen des Rock ’n’ Roll zu gewinnen. Wenigstens als Salonmusik. Was denn beiden dann tatsächlich auch gelingt mit einer Musik, so in etwa wie Jefferson Airplane in einer Cabaret-Stimmung, für die es nicht mehr braucht als eine Gitarre oder Bass, manchmal ein Tamburin, eine kleine Portion Keyboards. Und eben ein gut gebautes Lied. In dem es wie im Titelsong um so Sachen gehen kann wie eine Spielshow, in der man eine Geschlechtsumwandlung gewinnen kann. Was dann ja auch nicht mehr wirklich Viktorianisch mit dem Augen-zu-und-an-England-Denken ist. TM

■ Sister Chain & Brother John: „The Androgyne Show“ (www.sopa.dk) Record-Release-Konzert heute Kugelbahn, Grüntaler Str. 51, 21 Uhr