GSW23

Die Privatisierung der Berliner Wohnungsbaugesellschaft GSW hat langfristige Folgen, unter anderem eine politisierte Mietergemeinschaft, die sich gegen Verfall und Leerstand wehrt

■ Die Initiative von Hausgemeinschaften betreibt einen eigenen Blog, auf dem Mieterinnen und Mieter der 23 Häuser, die Anfang der 1990er Jahre vom Berliner Senat an die damals noch öffentliche Wohnungsbaugesellschaft GSW verschenkt wurden, über ihre Situation informieren.

Im Netz:

http://gsw23.blogsport.eu

Es war einer der größten Skandale des letzten Jahres. Inmitten von Berichten über die Explosion der Mieten in der Innenstadt lenkte eine Besetzung des Hauses in der Schlesischen Straße 25 die Aufmerksamkeit auf die Politik der Berliner Wohnungsbaugesellschaft GSW. Diese hatte das Haus kurz zuvor verkauft, nachdem sie es 1993 gemeinsam mit 22 weiteren Häusern in Kreuzberg geschenkt bekommen hatte. Mit ihrer Aktion protestierten die BesetzerInnen nicht nur gegen den Verkauf, sondern auch dagegen, dass die GSW das Haus komplett hatte verfallen lassen, obwohl sie sich vertraglich dazu verpflichtet hatte, das Haus innerhalb von 10 Jahren instand zu setzen.

Bei den restlichen 22 Häusern sieht es nicht anders aus. Wie Mona, eine Bewohnerin eines GSW-Hauses, berichtet, seien die meisten Häuser nicht nur verfallen, sondern würden überdies teilweise leer stehen, seien verkauft worden oder sollen luxussaniert werden. Die MieterInnen würden indes aus ihren Wohnungen gedrängt werden. Einige Hausgemeinschaften haben sich deshalb zur der Initiative „GSW23“ zusammengeschlossen, um diese Probleme gezielt anzugehen. Auch Mona macht bei GSW23 mit. „Wir sind wütend darüber, was die GSW in Kreuzberg treibt“, sagt sie.

Konkret verlangt GSW23 die Einhaltung der Vereinbarungen, die in den Verträgen von 1993 zwischen dem Senat und der GSW festgeschrieben wurden. Neben dem Punkt, dass die verschenkten Häuser innerhalb von zehn Jahren instand gesetzt werden sollen, stand dort ebenfalls, dass der Weiterverkauf sowie die Umwandlung der Wohnungen in Wohneigentum ohne Zustimmung des Landes untersagt ist. Mietsteigerungen durften lediglich bedarfsdeckend sein. Schaut man sich das Haus in der Schlesischen Straße an, kann das Fazit also nur lauten: Vertragsbruch!

Kann das Land also einfach das Haus in den eigenen Bestand zurückholen? Das kann es leider nicht. Das Problem ist, dass die GSW 2004 privatisiert wurde und mit ihr die verschenkten Häuser. Im Zuge dessen wurden neue Verträge mit den neuen Eigentümern Cerberus und Goldman Sachs verfasst. Inwiefern dort die Auflagen übernommen wurden, ist, wie so oft in Berlin, geheim. Wie Mona berichtet, wisse man jedoch, dass Punkte wie die Belegungsrechte des Bezirks für einige Wohnungen in den neuen Vertrag übernommen wurden. Das sei aus einem Schreiben der Senatsverwaltung für Finanzen hervorgegangen. Belegungswohnungen werden für sozial benachteiligte Menschen reserviert. Um weitere Punkte zu klären, müssen die Verträge offengelegt werden, fordert GSW23.

Für die Initiative ist klar, dass die Stadt schon vor dem Verkauf der GSW hätte handeln müssen, als klar war, dass die GSW sich nicht an die Vereinbarungen hielt. Auch ist die Initiative der Ansicht, dass es besser wäre, die Häuser jetzt den BewohnerInnen zu schenken, weil die sich wirklich um Instandhaltung und soziales Wohnen kümmern würden. „Die Häuser sollten denen gehören, die drin wohnen und die Verantwortung zeigen“, sagt Bewohnerin Mona.

Um ihre Forderung umzusetzen, geht GSW23 unter anderem den Weg über die politischen Institutionen. Das sei schon allein deshalb der vernünftigste Weg, weil die Verträge zwischen der GSW und dem Senat geschlossen wurden. So ist GSW23 im Gespräch mit Franz Schulz, dem Bezirksbürgermeister von Friedrichshain/Kreuzberg. Schulz schickte im Februar auf Bitten von GSW23 einen Brief an die GSW, in der er sie fragte, wo die Belegungswohnungen abgeblieben sind. Auch forderte Schulz in dem der taz vorliegenden Brief die GSW auf, sich dazu zu äußern, wie sie zu den Verpflichtungen wie dem Verzicht auf Luxussanierungen heute steht. Bisher habe die GSW nicht geantwortet, berichtet Schulz.

Neben Franz Schulz ist GSW23 im Gespräch mit den wohnungspolitischen SprecherInnen der Grünen, der SPD, der Linken und der Piraten. Diese werden die GSW-Verträge auf der Bauausschusssitzung am 18. April diskutieren, zu der auch die GSW geladen ist. „Das Interesse in der Politik an dem Thema ist groß“, resümiert die Aktivistin. Dennoch verlasse man sich nicht vollends auf die Politik.

Aus diesem Grund nutzt GSW23 auch andere Mittel und Wege der Mobilisierung. Dass die Initiative radikalere Maßnahmen befürwortet, zeigte sich an ihrer Unterstützung der Besetzungen der Schlesischen Straße 25 und der Bevernstraße 2. Weiterhin beteiligte sich GSW23 an Demonstrationen wie die große Mietenstopp-Demo im September des letzten Jahres und machte mit Hoffesten und Infoständen auf die Problematik aufmerksam. Im Mai ist ein Kiezspaziergang geplant.

Wer GSW23 unterstützen will oder sich für die Mietenpolitik der Stadt Berlin interessiert, kann über den Blog der Initiative mit ihr Kontakt aufnehmen. Da nicht alle Hausgemeinschaften der 23 verschenkten Häuser aktiv sind, appelliert GSW23 an diese, sich zu organisieren. „Widerstand ist anstrengend, aber wichtig und hat Chancen“, sagt Mona.

LUKAS DUBRO