Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Ja, es ist ein lebendiges Schaf. Noch. Eventuell ist es bald ein totes Schaf und wird begraben (und kommt nicht in den Topf). Wer darüber entscheidet? SIE! Und DU! Denn was auf dem Bild zu dem Einblick-Interview auf der folgenden Seite zu sehen ist, ist die Guillotine, geschaffen von zwei jungen Künstlern aus Deutschland und dem Iran. Die Studierenden an der UDK stellen frei, ob das Sinnbild für Harmlosigkeit, das Schaf getötet werden soll. Abgestimmt wird Online. Für Iman Rezai und Rouven Materne ist das Projekt „Die Guilllotine“ ein künstlerisches wie gesellschaftliches Experiment. Irgendwann wurde aus dem Philosophieren im Schischa-Nebel ein faktisch nachzuvollziehende Frage: Wenn Menschen über das Leben eines Schafs abzustimmen hätten, wie würden sie entscheiden? Die beiden favorisierten das Fallbeil, das zunächst gebaut werden musste. Nach und nach wurde ihnen voller Unbehagen klar, welche Gewallt tatsächlich von dem Instrument ausging. Erst seitdem sie es in einer Mischung aus Minimal- und Pop Art verkleidet haben, können sie wieder einen distanzierteren Bezug zu der Waffe herstellen. Es sind halt etwas großmäulige Jungs, denen ihr eigene Courage Manschetten bereitet hat. Diese Halbstarkenmentalität wirft aber durchaus interessante, wenn auch nicht überaschende Perspektiven auf. Von Spinger bis zur Herald Sun berichten alle von der bevorstehenden Exekution. Warum eigentlich? Vielleicht gehen die KollegInnen zu sehr von ihrem eigenen professionellem Netzwerk aus, in dem eher über eine künstlerische Aktion als über Menschen im Todestrakt berichtet wird. Die Tierrechtsorganisation Peta sieht jedenfalls Hoffnung, denn 187.975 Menschen (Stand 24.4., 15 Uhr) wollen das Schaf retten, „nur“ 119.559 es sterben sehen. Denn das wäre Online möglich. So wie im „wirklichen Leben“, wenn es um den Tod von Menschen geht.

■ Die Guillotiner - Ein Experiment der Künstler Iman Rezai und Rouven Materne; noch 22 Tage: http://die-guillotine.com/