Ganz locker, nervös hüpfend: Die Ruffcats grooven und Bara Bröst wollen lieber überall mittanzen

Sie kennen Flo Mega? Und fragen nun: Was hat ein Bremer in dieser Kolumne zu suchen, über der doch „Berliner Platten“ steht? Nun: Flo Mega ist nicht nur ein, wie manche finden, mittelmäßig gelungenes Jan-Delay-Surrogat. Nein, Flo Mega geht ja nicht allein auf Tournee. Und auf seiner ersten größeren Konzertreise vor nun fünf Jahren stellten die von ihm rekrutierten Musiker nicht nur fest, dass sie allesamt in Berlin wohnten, sondern verstanden sich auch noch so gut, dass sie beschlossen, fortan ein Eigenleben unter dem Namen The Ruffcats zu entwickeln.

Seitdem ist das Septett nicht nur regelmäßig mit Flo Mega unterwegs, sondern auch als Bühnenbegleitung für Stacy Epps, Bajka, Mic Donet oder Ladi6, und hat trotzdem nun noch die Zeit gefunden, das eigene Debütalbum einzuspielen. Das klingt denn auch fast wie eine Bewerbung für künftige Live-Jobs. Ganz dem Titel „The Essence Vol. 1“ entsprechend werden Soul, Funk und verwandte Genres durchdekliniert, während die Nebeninteressen Latin, Jazz und Krautrock zumindest anklingen. Nachgerade exemplarisch führen die Ruffcats sämtliche verfügbaren Tempi und Stimmungen vor, die sie im Portfolio haben. Ganz nebenbei demonstrieren die Bläser kontrollierte Kraft und die Rhythmussektion ihr Talent zum Uhrwerk. Das Erstaunliche aber ist, dass trotz aller handwerklichen Souveränität der Musiker niemals ein akademischer Eindruck aufkommen mag. Stattdessen hat man schon lange keine Band gehört, die so entschlossen unspektakulär dahingroovt. Davon soll dann auch nichts ablenken, auch keine Gastsänger, die sich die Ruffcats bei ihren Verbindungen sicherlich problemlos hätten ins Studio einladen können. Doch das Wagnis, ein ganzes Album mit elf Instrumentals zu bestreiten, ohne jemals Langeweile aufkommen zu lassen, haben die Ruffcats mit Bravour bestanden – gerade weil sie das, was sie können, in aller Ruhe runterspielen.

Im Gegensatz dazu wirken Bara Bröst wie Hektiker mit Aufmerksamkeitsdefizit. Dabei versuchen Benjamin Quint und Markus Schwarzbauer, die sich hinter dem Namen verstecken, auf „Kokolores“ doch nur, aktuellen Ansprüchen ans Klangbild zu genügen. Das bedeutet aber halt, dass der Rhythmus nervös hüpft wie in den achtziger Jahren und Popmelodien quer durch den Song zischeln, während von hinten Frauenstimmen säuseln. Im nächsten Augenblick können die beiden aber auch einen fast schon kargen Techno-Track programmieren, der geschickt Spannung aufbaut, ohne jemals wirklich aus sich herauszugehen.

So gesehen funktioniert auch „Kokolores“ wie eine Visitenkarte. Als wollten die beiden Wahlberliner Quint und Schwarzbauer, die ursprünglich aus München stammen, mal klarstellen, was sie alles können: nämlich Tanzböden in Bewegung setzen, aber auch aus dem Morgenradio dröhnen. Die Folge ist allerdings ein Electro-Dance-Pop, der sich nicht ganz entscheiden will, und das Album droht deswegen in seine Einzelteile auseinanderzufallen: Die einzelnen Stücke funktionieren zwar jeweils für sich, aber nur bedingt als Ganzes.

THOMAS WINKLER

■ The Ruffcats: „The Essence Vol. 1“ (Melting Pot Music), live 6. 7., mit Flo Mega beim Inselleuchten Festival Marienwerder

■ Bara Bröst: „Kokolores“ (BBE), Record-Release, 7. 7., Weekend