Der ewige Rüpel

LONG PLAYING RECORD

Homophobie, Gewaltverherrlichung und Frauenhass gehören ja schon immer zu den Vorwürfen, mit denen Rap-Musiker konfrontiert werden. Irgendwann sollte es langweilen, tut es aber scheinbar nicht. Das schräge HipHop- und Skater-Kollektiv Odd Future Wolf Gang Kill Them All aus Los Angeles gibt es erst seit zwei Jahren und schon gehören sie zu den kontrovers diskutierten jugendgefährdenden „Menschenverachtern“. Mit der expliziten Wortwahl und Ästhetisierung von Gewalt hat die Gang sicher nicht beabsichtigt, Liebling aller Eltern zu werden. Mal abgesehen von dem sehr subtilen Augenzwinkern, das die smarte Gruppe in ihrer Maßlosigkeit immer wieder offenbart, hat sich das Rüpel-Image im HipHop einfach auch als Erfolgsprinzip bewährt.

Bei den Konzerten rufen Odd Future-Fans „Wolf Gang! Wolf Gang!“, was so ähnlich klingt wie Wu-Tang, der Name eines anderen Flegel-Kollektivs, das sich seit zwanzig Jahren einem unantastbaren Status im HipHop-Genre erfreut. Doch auch der New Yorker Wu-Tang Clan war dem Mainstream anfangs viel zu provokant. Heute sind die Mitglieder Plattenbosse, Filmstars, Modedesigner und komponieren Soundtracks für Filme von Quentin Tarantino.

Als die Band aus dem schäbigen Außenbezirk Staten Island ihr erstes Album „Enter the Wu-Tang (36 Chambers)“ veröffentlichte, hätte wohl keiner gedacht, dass es schon bald zum Kanon der Rap-Klassiker zählen würde. Die dreckigen Breakbeats, der schwarze Humor und die schräge Mythologie aus Kung-Fu-Filmen waren für den Rap ihrer Zeit eine Spur zu experimentell. Doch gab es auch etwas Wesentliches, das den Clan mit der Tradition verband: die Erzählungen vom Leben im Ghetto in der Sprache des Ghettos. Jugendliche aus der Unterschicht fühlten sich durch den Wu-Tang-Clan repräsentiert, Außenstehende zog die raue Straßenromantik magisch an. Vor allem „C.R.E.A.M.“, ein schleppendes Stück über das grandiose 67er-Sample „As Long as I’ve Got You“ von The Charmels, bringt den Pessimismus und die Perspektivlosigkeit der Post-Reagan-Generation auf den Punkt. Der Songtitel steht akronymisch für „Cash Rules Everything Around Me“: Es geht um die Notwendigkeit von krimineller Aktivität, um es im turbokapitalistischen Amerika zu etwas zu bringen, also den sozialen Brennpunkt zu verlassen. Das Schwarz-Weiß-Bild der Medien reduzierte es schlicht auf: „Gewaltverherrlichung“.

Odd Future geht es heute ähnlich, doch scheint die sarkastische Truppe die Diskussion eher zu genießen. Am Montag werden sie das Huxleys verderben. FAY

■ Odd Future Wolf Gang Kill Them All: Huxleys, Mo. 20 Uhr. 20 €