Der neue Deal

Erste Urteile zum neuen Unterhaltsrecht zeigen: Frauen müssen verstärkt ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. Männer können darauf hoffen, nicht mehr wegen ihres Geldes geheiratet zu werden. Das „Prostitutionsschema“ ist passé

Heather Mills und Sir Paul McCartney heirateten im Jahr 2002, die Ehe hielt sechs Jahre. Nach eigenen Angaben bekam Mills eine Abfindung von 32 Millionen Euro. Damit ist es die bisher teuerste Scheidung im Vereinigten Königreich. Der Bund der Ehe zwischen Lady Di und Prinz Charles wurde 1981 geschlossen, die ehemalige Kindergärtnerin Diana Spencer hatte nur einen Hauptschulabschluss. 1996 wurde die Ehe geschieden. Barbara Becker und Boris Becker heirateten 1993, Scheidung 2001. Abfindung angeblich 30 Millionen Mark. 2004 heiratete Kevin Federline Britney Spears. Scheidung 2006 nach nur zwei Jahren. Er soll angeblich 360.000 US-Dollar Abfindung bekommen haben. Anna Nicole Smith ehelichte im Jahre 1994 mit 26 Jahren in zweiter Ehe den 89-jährigen Milliardär J. Howard Marshall, der ein Jahr später stirbt. Smith stritt mit anderen Erben bis zu ihrem frühen Tod um einen Gutteil von Marshalls Vermögen. FOTOS: REUTERS/AP (4)

VON BARBARA DRIBBUSCH

Die beiden waren immerhin neuneinhalb Jahre miteinander verheiratet, die Kosmetikerin und der gutverdienende Geschäftsführer eines Unternehmens in Cuxhaven.

Kinder gab es nicht, doch als das Eheglück zerbrach, führte dies jetzt zu einem bemerkenswerten Urteil: Nur zweieinhalb Jahre bekommt die Frau noch Unterhalt von ihrem Mann gezahlt. Danach muss sie allein mit ihrem bescheidenen Verdienst als Kosmetikerin auskommen, urteilte das Oberlandesgericht Celle (Az.: 18 UF 120/07).

Vorbei ist es also mit der Hoffnung, durch die Heirat „nach oben“ quasi auf Lebenszeit den eigenen Status zu verbessern. Böse Zungen frohlocken bereits, das „Prostitutionsschema“, nach dem manche Frauen gutes Aussehen und Sexiness gegen wirtschaftliche Absicherung tauschen, sei nun Geschichte.

„Frauen sind heute gezwungen, alles zu tun, um auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt die Berliner Anwältin Ingeborg Rakete-Dombek, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.

Das ängstigt aber vor allem Frauen, die wegen der Kinder beruflich kürzer getreten sind und sich nun bange fragen, was die neuen Regelungen im Scheidungsfall bedeuten könnten.

Eine „Lebensstandardgarantie“ nach der Scheidung bis ins Alter, orientiert am Einkommen des Ehemannes, gibt es jedenfalls nicht mehr.

Stattdessen soll sich der Unterhalt danach richten, „inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen“, heißt es im neuen Recht.

Schon im November vergangenen Jahres hatte der Bundesgerichtshof den ergänzenden Unterhalt für eine Wirtschaftskauffrau nach der Scheidung auf fünf Jahre begrenzt, obgleich ihr Exmann mehr Geld verdiente als seine ehemalige Frau und aus der Ehe zwei Kinder hervorgegangen waren (Az.: XII 16/07).

Das Argument der Richter: Die Frau habe wieder einen Vollzeitjob in ihrem erlernten Beruf gefunden und somit keine „ehebedingten Nachteile“ erlitten. Eine „unbegrenzte Lebensstandardgarantie“, also ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zulasten des Mannes sei daher „unbillig“, heißt es in dem Urteil.

Die Frau soll nach einer Scheidung so rasch wie möglich wirtschaftliche Verantwortung für sich übernehmen. Das wird heikel, wenn Kinder vorhanden sind.

Das neue Recht sieht einen Anspruch auf vollen Unterhalt der betreuenden Mutter (oder des betreuenden Vaters) nur in den ersten drei Lebensjahren des Kindes vor. Darüber hinaus verlängert sich der Anspruch auf Unterhalt nur, insoweit dies „der Billigkeit“ entspricht. Ansonsten müssen sich die Mütter einen Job suchen.

Das Oberlandesgericht in Hamm beispielsweise verlangt in seinen Leitlinien von den geschiedenen Müttern nach dem dritten Lebensjahr des Kindes zumindest einen 400 Euro-Job, nach dem 7. Geburtstag eine Halbtagstätigkeit und nach dem 11. Geburtstag einen Vollzeitjob. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte, nur bis zur Beendigung der Grundschulzeit könne „eine Vollzeittätigkeit in der Regel nicht erwartet werden“.

Der Krefelder Familienrechtsanwalt Jochem Schausten berichtet von einem Urteil eines Amtsgerichts in Niedersachsen, das von einer Mutter eines Kindes im Grundschulalter verlangte, in der Zeit zwischen 8 und 13 Uhr halbtags zu arbeiten.

Im Alltag, mit langen Anfahrtswegen, kann sich das schwierig gestalten. „Das fand ich heftig“, meint Schausten.

Nur wenn die Mütter belegen, dass vor Ort tatsächlich keine Betreuungsmöglichkeit gegeben ist, müssen sie nicht arbeiten gehen. Der geschiedene Ehemann darf dabei auch nicht auf Betreuungsmöglichkeiten durch die Großmutter oder andere Verwandte verweisen.

„Private Betreuung, zum Beispiel durch Bekannte und Angehörige, muss grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden“, heißt es in den hessischen Leitlinien aus Frankfurt.

Trotzdem werden manche Mütter – oder auch kinderbetreuende Väter – müde lächeln, wenn sie die Richtlinien zur „Erwerbsobliegenheit“ lesen.

Denn was geschieht, wenn die Mutter einfach keinen Job findet auf dem Arbeitsmarkt, der ihrer Qualifikation entspricht oder der zu den Öffnungszeiten der Kita passt?

Die Frau muss auf jeden Fall ihre Bemühungen um eine „angemessene Tätigkeit“ dem Gericht vorlegen, sagt Rakete-Dombek. Das Gericht könne beispielsweise die Vorlage von „30 bis 40 Bewerbungen im Monat verlangen“, schildert Schausten. Dies gilt auch dann, wenn die betreuende Mutter angibt, in ihrer Qualifikation nichts mehr zu finden. Dann muss sie sich „fortbilden oder umschulen“ lassen, heißt es im Unterhaltsrecht. „Ein Recht auf einen Job in ihrer alten Ausbildung hat sie nicht“, so Rakete-Dombek.

Auch studierte Germanistinnen oder Kunsthistorikerinnen mit Familie müssen sich also überlegen, womit sie mittelfristig ihr Geld verdienen können. „Eine Heirat ist keine Altersvorsorge“, betont Svea Kuschel, Finanzberaterin für Frauen in München.

Was aber ist beispielsweise mit einer 48-Jährigen, die nach einer langen Familienphase vor den Trümmern ihrer Ehe steht und wegen der Kinder auf eine Karriere verzichtet hat? Sie hat umso mehr Anspruch auf Unterhalt, je konkreter sie nachweisen kann, dass sie wegen der Familie berufliche Nachteile in Kauf genommen hat.

Die Frau müsse dem Gericht unter Umständen durch Vorlage ihrer Geschichte nachweisen, dass sie eigentlich ökonomisch „an ganz anderer Stelle stehen würde“, wenn sie nicht Kinder betreut und den Haushalt gemacht hätte, schildert Anwältin Angelika Nake, Vorsitzende der Familienrechtskommission im Deutschen Juristinnenbund.

Konkret bedeutet dies, das betreuende Mütter oder Väter, die beruflich kürzer treten, möglichst schon in guten Zeiten sorgfältig Einladungen zu – nicht angenommenen – Bewerbungsgesprächen und Verdienststatistiken sammeln sollten, um im Zweifelsfall gut gerüstet zu sein, das Gericht von ihrem „ehebedingten Nachteil“ zu überzeugen. Man kann sich jetzt schon lebhaft vorstellen, welche Geschichten sich die Gerichte da künftig anhören müssen.

Anwalt Schausten vermutet allerdings, dass es in nicht allzu langer Zeit ein Urteil des Bundesgerichtshofes geben wird, nachdem der Unterhalt für eine geschiedene Ehefrau nur bis zu einem bestimmten Lebensalter überhaupt befristet werden darf. „Die Altersgrenze könnte so bei 55 Jahren liegen“, sagt Schausten. Ist die Frau älter, kann der nacheheliche Unterhalt dann möglicherweise nicht mehr zeitlich begrenzt werden.

Es ist entgegen vieler Ängste der Frauen also nicht mal so eben möglich, aufgrund des neuen Unterhaltsrechts der Ex das Geld einfach zu kürzen oder kurzerhand die Zahlung ganz einzustellen.

Schausten unterhält eine Hotline, bei der sich inzwischen viele Männer melden, die den Unterhalt gerne befristen würden, da das neue Recht auch rückwirkend gilt.

Die Hoffnungen der Männer seien aber „meistens größer als das, was wirklich zu leisten ist“, so Schausten. Denn in jedem Fall wird die Zahl der Kinder und die Dauer der Ehe berücksichtigt, auch nach dem neuen Recht.

Schausten stellt allerdings fest, dass „manche Rechtsprechung zum Unterhalt inzwischen die Tendenz zeigt, zuungunsten der Frauen auszufallen“.

Familienrechtsanwälte raten daher dem kinderbetreuenden Partner, der beruflich kürzer tritt, einen Ehevertrag abzuschließen.

Vorbei ist es mit der Hoffnung, durch Heirat „nach oben“ auf Lebenszeit den eigenen Status zu verbessern

Früher bestanden manche Männer bei der Heirat auf einem Ehevertrag, um Unterhaltsansprüche im Falle der Scheidung zu begrenzen. Heute „könnte man dies eher den Frauen empfehlen“, sagt Schausten.

In einem solchen Vertrag könnte beispielsweise die „Erwerbsobliegenheit“ der Mutter im Scheidungsfall lockerer gehandhabt werden, als es das Unterhaltsrecht vorsieht.

Auch eine Befristung des Unterhaltes nach der Scheidung könnte ausgeschlossen werden. Dies wirft die Frage auf, ob man nicht auch die Betreuungspflichten etwa des berufstätigen Mannes in einen Ehevertrag hineinschreiben könnte. „Dies macht keinen Sinn, weil es nicht einklagbar wäre“, erklärt Rakete-Dombek.

Wohl aber kann die Frau im Scheidungsfall natürlich nachweisen, dass immer sie es war, die sich mehr um das Kind kümmerte und deswegen beruflich kürzer treten musste.

In Geldfragen empfiehlt Finanzberaterin Svea Kuschel, zu vereinbaren, dass eine private Altersvorsorge in der Familienphase zugunsten der kinderbetreuenden Frau auf jeden Fall weiter läuft oder gar neu abgeschlossen wird, finanziert vom Mann.

Auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte niemals aufgegeben werden. „Man sollte sicherheitshalber vom Geld sprechen, solange die Flamme der Sympathie noch glüht“, rät Kuschel, „dann lassen sich Übereinkünfte am leichtesten treffen.“

Eine wichtige gesetzliche Neuerung kann aber nicht durch einen Ehevertrag geändert werden: Es ist die neue Rangfolge von Erst- und Zweitfrauen nach dem neuen Unterhaltsrecht. Danach erhalten zuerst die Kinder aus der ersten und zweiten Verbindung Unterhalt.

Den zweiten Platz teilt sich die erste Ehefrau hingegen mit ihrer Nachfolgerin, wenn diese auch Kinder betreut.

Ist der Ehemann nicht solvent, bedeutet dies, dass die erste Ehefrau weniger Geld bekommt als nach dem alten Recht. „Diese Rangfolge lässt sich durch einen Ehevertrag nicht ändern, weil dies eine Vereinbarung zulasten Dritter wäre“, erklärt Rakete-Dombek.

Sich auf eine Ehe mit Kindern einzulassen bleibt also immer ein Lebensrisiko.

Mit und ohne Vertrag.