Antisemitismus per Twitter: Pöbel im Netz

Gleich nachdem Israel "unserer Lena" beim Eurovision Song Contest in Oslo Null Punkte gab, ging im Netz die Hetze gegen "die Juden" los.

Einer der eher harmlosen Tweets nach dem Eurovision Song Contest Bild: screenshot twitter.com

BERLIN taz | Als israelische Soldaten am Montag den Hilfskonvoi für Gaza attackierten, lösten sie scharfe internationale Kritik und Debatten aus. Und lenkten ganz nebenbei von einem anderen Ereignis ab, dass die antisemitischen Reflexe der Deutschen auf geradezu groteske Weise vorführt.

Gleich nach dem Auftritt von Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest zeigte sich, wie knapp unter der Oberfläche eines künstlerischen Wettbewerbs der Judenhass liegt.

Samstagabend in Oslo: Nach und nach verkünden die Länder ihre Wertungen. Israel gibt Lena - ach was, gibt Deutschland! - keinen einzigen Punkt. Ein Skandal, der natürlich sofort getwittert werden muss.

Sofort geht es gegen "die Juden" - auf 140 Zeichen: "Und wir bauen den Juden ein Denkmal in Berlin" zählt noch zu den harmloseren Kurznachrichten, die der Journalist und Blogger Jörg Marx als Screenshot auf Marxblog.de veröffentlichte. "Deutschland im Siegestaumel", betitelte er seine Sammlung dort sarkastisch, was ihm seinerseits einen Antisemitismusvorwurf einbrachte.

Zwar sind besonnene Leserkommentare zu diesem Blogeintrag in der Mehrheit. Einige Bemerkungen seien aber derartig rassistisch und beleidigend gewesen, dass er sie lieber gelöscht habe, sagt Marx.

Dass die Israelis nicht nur der deutschen Teilnehmerin Lena Meyer-Landrut, sondern auch 13 weiteren Künstlern, die beim Grand Prix auftraten, keine Punkte gaben, wird in der Diskussion vorsichtshalber verschiegen. Dass es für den israelischen Sänger Harel Skaat mit seinem Song "Milim" ebenfalls keine Punkte aus Deutschland gab, wird ebenfalls nicht erwähnt.

"Was wollen die überhaupt bei einem europäischen Wettbewerb?", fragten dagegen mehrere Kommentatoren in Unkenntnis der Eurovisionsstruktur - und haben auch gleich die Erklärung parat: "Juden-Extrawurst".

Natürlich fehlen in der Diskussion weder der Vergleich Holocaust/israelische Besatzungspolitik noch der übliche Hinweis auf die Meinungsfreiheit.

Übrigens: Nicole bekam bei ihrem Grand-Prix-Sieg 1982 mit "Ein bisschen Frieden" auch aus Israel Punkte - und zwar die vollen zwölf. Offenbar hatten uns "die Juden" den Holocaust doch schon mal verziehen.

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