Kolumne Die Farbe Lila: Nein, ich knete keine Vulva

Stricken: super. Blogs: super. Gebärmütter: super. Die Kombination aus allen dreien: irgendwie unsuper.

Es gibt ein paar Dinge, die ich nicht wissen muss. Zum Beispiel, wie man einen Uterus strickt.

Das entscheide ich, als ich in einem Blog das Bild einer faustgroßen rosa-plüschigen Gebärmutter sehe. Mit zwei Eileitern als Armen sieht sie ganz witzig aus, aber irritiert mich sehr.

Nun könnte man sagen: Schau dir halt solche Blogs nicht an.

Aber ich bin gern dort, wo sich Feminismus und Do it yourself treffen. Feministisches Selbermachen hat nämlich einen vermeintlichen Widerspruch gelöst: Ich bin Feministin. Und ich nähe, stricke, koche, gärtnere gern. "Trotzdem" habe ich immer gesagt, wenn das Gespräch darauf kam. "Ich bin trotzdem Feministin." Oder andersherum: "Ich backe trotzdem gern."

Ich schämte mich ein bisschen für meine Hobbys. Ich fand, ich erfüllte damit ein altmodisches Frauenbild. Und jeden Schwiegermuttertraum - von einer haushaltlich begabten Schwiegertochter. Das Einzige, worauf ich mich immer herausreden konnte: dass ich nicht nur die Nähmaschine bedienen kann, sondern auch einen Schlagbohrhammer - dass ich einfach gern mit meinen Händen arbeite.

Dann entdeckte ich US-amerikanische Feministinnen, die Handarbeit ein neues Image verpassten, sie aus der bürgerlichen Umklammerung befreiten und stattdessen gegen Konsum und Kapitalismus anstrickten. Ich entdeckte auch: "revolutionäre Strickzirkel" und "bad-ass"-Nähkränzchen und abonniere enthusiastisch all die Do it yourself-Blogs, die mir nicht marthastewardesk auf die Nerven gehen mit Vorschlägen wie, ich müsse mal wieder für meine Sofakissen neue Bezüge nähen, weil es doch da jetzt diese wunderschönen Rosenprints gibt.

Aber dann ist da auch die Sache mit den gestrickten Gebärmüttern. Vulven aus Gips. Oder Nähanleitungen für Hygienebinden. Dann vielleicht doch lieber marthasteward.com? Ich kann gar nicht so genau sagen, warum mich so ein Strick-Uterus nervös macht. Eigentlich ist doch alles schön - Stricken: super. Blogs: super. Gebärmütter: super. Nur die Kombination aus allen dreien: irgendwie unsuper.

Vielleicht weil sich Feministinnenhasser so wohl die Freizeitgestaltung von Feministinnen vorstellen. Ich habe viele Abende damit verbracht, Menschen zu erklären, dass Feministinnen nicht so sein müssen. Wenn sie es dann doch sind, wenn sie in jedes Klischee passen - einen Selbstfindungsfeminismus betreiben, der bei gestrickten Gebärmuttern und Ratgebern "Entdecke die Göttin in dir" anfangen und bei Seminaren à la "Menstruieren in den Waldboden" aufhören -, ist mir das irgendwie unangenehm. Ich kann sie nicht mehr ernst nehmen. Und sie sind mir peinlich. Aber genau das ärgert mich.

Die können doch machen, was sie wollen; so ein Waldmenstruationswochenende tut niemandem weh. Ich wünschte, ich müsste nicht immer lachen oder genervt die Augen verdrehen, wenn ich dem Selbstfindungsfeminismus begegne. Ich meine, ich bin nicht Welten davon entfernt: Meine Tochter wird von mir spätestens mit Beginn der Pubertät einen Spiegel in die Hand gedrückt bekommen, um sich ihre Architektur da unten genauestens anzuschauen. Trotzdem werde ich ihr zum Geburtstag eher eine Bohrmaschine schenken als ein Bastelset für eine selbstgemachte Vulva aus Gips.

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