Unterm Zelt begraben

TODESFÄLLE Bei einem Unwetter starben fünf Besucher eines belgischen Musikfestivals. Weder Wetterdienst noch Luftwaffe sahen den Sturm voraus

Die Untersuchungen, wie es zum Zusammenbruch des Zeltes hat kommen können, laufen nun an. Waren die Zelte richtig verankert?

Das Unwetter am Donnerstagabend dauerte nur 20 Minuten, aber die reichten, um das Rockfestival „Pukkelpop“ in der belgischen Kleinstadt Hasselt in ein Schlachtfeld zu verwandeln. Die Bilanz ist erschreckend: Fünf belgische Festivalbesucher zwischen 15 bis 59 Jahren sind gestorben, begraben unter einem eingestürzten Zelt, erschlagen von Bäumen und Metallteilen. 140 weitere Menschen sind schwer verletzt. Einige schweben nach wie vor in Lebensgefahr.

Die Organisatoren haben daraufhin gestern das Festival abgebrochen. Noch ist nicht klar, wie genau die Opfer gestorben sind. Während des Gewitters brach ein riesiger Werbebildschirm zusammen. Außerdem stürzte ein Zelt ein, in dem eine der acht Bühnen stand. Es hielt den Windböen nicht stand. Die über 60.000 Besucher brachen in Panik aus.

Sowohl die Organisatoren als auch die Bürgermeisterin der Stadt Hasselt weisen jede Verantwortung für das Drama von sich: „Alle Sicherheitsbestimmungen wurden eingehalten. Das war unvorhersehbar. So etwas haben wir in Hasselt noch nie erlebt. Es war Schicksal“, sagte die Bürgermeisterin Hilde Claes. Weder der belgische Wetterdienst noch ein nahe gelegener Luftwaffenstützpunkt habe einen Sturm dieser Stärke vorhergesehen. Das bestätigte der Klimatologe Marc Vandiepenbeeck: „Niemand konnte ahnen, dass sich das Unwetter ausgerechnet an dieser Stelle entladen würde. Wäre es eine Stunde vorher auf einem Feld passiert, dann wäre es kein Problem gewesen.“

Noch stellt auch von politischer Seite niemand die Festivals in Belgien infrage. Pukkelpop ist das letzte in einer ganzen Reihe von Veranstaltungen über die Sommermonate, darunter auch „Werchter“, eines der größten Musikfestivals Europas. In Hasselt sollten bis zum Sonntag auf acht Bühnen 200 Gruppen auftreten. Der belgische Premierminister Yves Leterme besuchte am Donnerstagabend das Krisenzentrum. Er erklärte, es sei zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen und jemanden für das Drama verantwortlich zu machen.

Die Untersuchungen, wie es zum Zusammenbruch des Zeltes hat kommen können, laufen nun erst an. Bisher ist zum Beispiel nicht sicher, ob die Zelte ordnungsgemäß verankert waren. Gestern haben die Festivalbesucher nach und nach Hasselt mit Sonderbussen und -zügen verlassen. Zurück blieb ein verwüstetes Gelände. Nur die Hauptbühne steht noch. Darum herum liegen entwurzelte Bäume, riesige Metallteile, aber auch Schuhe und Kleidungsstücke, die die Festivalbesucher zurückgelassen haben. Das belgische Königspaar wollte gestern noch den Unglücksort besuchen.

Bereits im vergangenen Jahr kamen zwei Todesmeldungen vom Pukkelpop: Damals starb ein Toningenieur nach einem Herzinfarkt, und der Sänger der britischen Popband Ou Est Le Swimming Pool nahm sich das Leben. RUTH REICHSTEIN