Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Gegen die Volkskammer im letzten Jahr DDR ist dieser Bundestag ein Promi-Schlaflabor und die ARD verstümmelt sich selbst.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: „Schön, wenn Frauen wieder den Haushalt machen“: schwarz-gelbes Betreuungsgeld.

Was wird besser in dieser?

„Schön, wenn Frauen wieder den Haushalt machen“: grünes Wahlplakat in NRW.

ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Der Maulkorberlass ist gecancelt. Macht das die Arbeit im Bundestag wirklich besser?

Zu den zehnwöchigen Wulff-Festspielen hat es im Parlament exakt null Aussprache gegeben. Als die Deutschen nach Umfragen zu 70 Prozent gegen den Afghanistan-Einsatz waren, stimmte der Bundestag im Herbst mit 70 Prozent dafür. Wolfgang Thierse verdammte Talkshows, die neben Globalisierung und Europa für den Bedeutungsniedergang des Parlaments verantwortlich seien. So redet ein Schwanz, der mit dem Hund wedeln will: abstrakte Themen, unverständliche Sprache, überraschungsfreie Beiträge und ausgemauschelte Rednerlisten haben die außerparlamentarische Debatte, die Talks, Schlagzeilen und Marktforscher so starkgemacht. Gegen die Volkskammer im letzten Jahr DDR ist dieser Bundestag ein Promi-Schlaflabor. Hätte man ein Konzept gesucht, eine „Wir haben keine Ahnung und damit auch kein Problem“-Partei starkzumachen, die Piraten hätten sich nichts Besseres wünschen können als diesen Bundestag. Ob der den Maulkorb nun noch ein Loch enger schnallt oder nicht.

Warum machen wir den Massenmörder Breivik zum Popstar des Bösen?

Weil eine Million Sarrazin-Buchkäufer schlechter aufs Gruppenfoto passen.

Innenminister Friedrich hat die umstrittene Muslim-Studie vorab der „Bild“ geschickt. Ist es muslimischen Verbänden noch zuzumuten, mit ihm zu reden?

Die Studie führt Ablehnung von Muslimen auf „medial vermittelte Stereotypen“ zurück. Offenbar wollte Friedrich sicherstellen, dass das auch so bleibt. Vielleicht hatte aber auch jemand versehentlich die Untersuchung gelesen, und da sie eben nicht zur Diskriminierung taugt, sollte sie an einem besonders sicheren Ort aufbewahrt werden. In der Bild-Redaktion.

US-Soldaten in Afghanistan verbrennen Korane und schänden Leichen – bei aller Häme, aber so dumm kann das Militär doch gar nicht sein. Steckt dahinter am Ende Methode?

Ja, sie heißt „embedded journalism“ und sorgt dafür, dass wir nur ausnahmsweise von dem Elend erfahren. Hübsch die Formulierung der US-Armee, die Vorgänge könnten zu „unnötigen Todesopfern führen“, offenbar glaubt man dort fest an „nötige Todesopfer“.

Erst macht Q-Cells Pleite, jetzt First Solar. Scheint die Sonne in Deutschland nicht hell genug?

Die deutsche Einspeisevergütung ist nicht an die Herkunft der Solarzellen gebunden, und die stammen zu 50 Prozent aus China. Da verdient ein Solar-Arbeiter rund 300 Euro – unter Bedingungen, vor denen Arbeiter hier gewerkschaftlichen Schutz genießen. China hat im großindustriellen Stil auf Solar gesetzt, als die hiesige Regierung AKW-Laufzeiten verlängerte. Da wir zum Glück beim Lohndumping nicht mitkönnen, bleibt uns nur, Vorsprung beim Know-how zu erarbeiten. Das hat die Atomlobby vergeigt. Vermutlich Kommunisten.

Kristina Schröder will kein Mitleid, keine Frauenquote, keine Rollenbilder. Will sie überhaupt etwas?

Ich lese, die Analyse der Missstände sei im Buch trefflich gelungen. Vielleicht will Schröder als Nächstes in die Politik gehen, um dort etwas zu bewegen.

Gottschalk ist weg und alle haben das Gefühl, man müsste ihn vermissen. Warum eigentlich?

Der hat was riskiert, dafür meinen Respekt. Um ihn rum offenbar zu viele, die sich statt Konzept an seinem Namen besoffen haben. Oder ARD-Hoeneße, die „Hauptsache, der spielt nicht bei den anderen“ denken. Der sonnige Thommy ging mit beiden Füßen auf die Bremse, wann immer es in seiner Show relevant oder politisch wurde – das entspricht seinem Typ und ruinierte eine Chance, die in der Sendung lag. Nun werden wir schmutzige Lieder hören nach der Melodie „Wenn ein mäßig journalistisches Programm selbst mit Gottschalk dort nicht funktioniert, müssen wir ja Unterhaltungsschrott senden.“ Das ist Selbstverstümmelung. Der ARD. Gottschalk winkt das durch wie eine leere Tüte Goldbärchen.

Und was machen die Borussen?

Wenn wir die Fans, die im Grunde keinem Verein, sondern bloß dem Erfolg nachlaufen, nicht haben wollen – die sind doch beim FC Bayern Jahrzehnte artgerecht gehalten worden –, müssten wir jetzt mal irgendetwas nicht gewinnen. Haha! War nur Spaß. FRAGEN: EW

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.