Die kleine Wortkunde

Ohne den WELPENSCHUTZ, welcher derzeit gerne den Piraten und HSV-Spieler Silva verweigert wird, wäre nicht nur die Zivilisation sondern auch das Tierreich längst zusammengebrochen. Dort nämlich sorgt die Sozialisation innerhalb des Rudels dafür, dass die Welpen (aus dem niederhochdeutschen „welf“ = „Hundejunges“; mögliche Herkunft aus dem althochdeutschen „hwel“ = „zudringlich, ausgelassen“) überhaupt eine Chance haben, aufzuwachsen: Sie müssen Fehler machen dürfen und brauchen Eingewöhnungszeit. Damit die Jungtiere von den Älteren nicht einfach als Fressobjekt angesehen werden, müssen diese sie auch als Rudelmitglieder erkennen. Diese Erkenntnis muss man Haushunden oft erst anerziehen. Da hat es das Parteien-Rudel der alten Silberrücken schwerer: Sie müssen sich diese Lektion selbst beibringen, ohne ein Herrchen, das ihnen den pädagogisch wertvollen Klaps auf den Brägen verpasst. Beim HSV gibt es dafür wenigstens noch Trainer Martin Jol, aber genau der will seinen Zöglingen keine Schonung gewähren. Im Extremfall kann eine solche Entwicklung zum Infantizid oder Kindsmord führen (schwer zu sagen, welches Wort weniger fies ist): Die alten Alphatiere, die nur durch Welpenschutz selbst so groß und stark werden konnten, werden neidisch auf die niedlichen Nebenbuhler und verputzen die Anfänger einfach. Die einzigen Säugetiere, die das nicht tun, sind übrigens Bonobos – genau, die Menschenaffen, die im Prinzip den ganzen Tag mit Sex beschäftigt sind. Wie ein Bonobo wirken aber momentan weder Profipolitiker noch norddeutsche Fußballtrainer, die nun die ganze Liebe, die sie in ihrem Chef-Dasein nicht bekommen, auch noch ihren eigenen Artgenossen verweigern. Im Tierreich hat der Infantizid die Funktion, das Erbgut von Konkurrenten auszumerzen, damit die eigene Brut gedeiht – ein in Firmen und Parteien oft zu beobachtendes Verhalten. Im Falle der Piraten zeigt sich jedoch ein paradoxes Phänomen: Bevor sich die grauen Eminenzen überhaupt zum Welpizid schleppen können, murksen die Jungtiere sich mal eben selbst ab: per Internet, an den langsamen Verdauungsorganen der Holzmedien und offenen Briefe vorbei. „Jetzt gibt’s keinen Welpenschutz mehr!“, drohen die etablierten Parteien, während sie wahrscheinlich Angst haben, selbst gefressen zu werden. Vielleicht Zeit für einen neuen Begriff. Rüdenschutz? EW