DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Zoff wegen der Frauen

Was sagt uns das? Saudis und das Internationale Olympische Komitee streiten sich um Sportlerinnen – schon wieder

Endlich hatte Saudi-Arabien nachgegeben: Das Land werde „komplett“ an den Olympischen Spielen in London teilnehmen, hieß es Ende Juni. Soll heißen: Auch Sportlerinnen wollten die Saudis zu den Wettbewerben schicken. Es wäre das erste Mal gewesen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hätte das gern gesehen: Diskriminierung aufgrund von Rasse, Religion, Politik oder Geschlecht ist verboten, heißt es in der Olympischen Charta. Diesmal gab es wegen der rein traditionellen Männerdelegationen aus Saudi-Arabien Druck. Diskriminierung beenden oder ausgeschlossen werden, so wollten es internationale Menschenrechtsorganisationen.

Dann die überraschende „komplette Teilnahme“ – und jetzt? Jetzt hat der saudische Sportminister Nawaf bin Faisal in der Zeitung Al-Jazira klargemacht, wie diese komplette Teilnahme aussehen könnte: 1. den religiösen Vorschriften entsprechende Kleidung, 2. ein männlicher Begleiter, 3. keine Mischung der Geschlechter – harte Bedingungen, aber: in 293 der 302 Wettbewerbe treten Männer und Frauen ohnehin getrennt an, männliche Begleitung sind saudische Frauen – und ihre Männer – gewohnt und auch über den Dresscode kann man reden. Allein: Wer soll um die Medaillen kämpfen? Die einzige große Hoffnung, die Reiterin Dalma Malhas, hat die Olympia-Qualifikation verfehlt. Ob sich andere qualifizieren, ist fraglich. Heißt: Saudi-Arabien wird nicht ausgeschlossen und das IOC rühmt sich mit Menschenrechten. Ob aber tatsächlich saudische Sportlerinnen nach London reisen werden, das steht noch in den Sternen. JANNIS HAGMANN