Es war einmal eine „Financial Times Deutschland“ …

KRISE Der Gruner + Jahr-Vorstand verkündet offiziell das Ende des Hamburger Wirtschaftstitels. Über 300 Stellen werden gestrichen

Da half auch der Pullover in Konzernfarbe nichts, zumal Julia Jäkels Outfit auch etwas an der giftgrünen Schmuckfarbe des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr (G + J) vorbeiging: Die neue starke Frau im Vorstand macht bei ihrem ersten offiziellen Auftritt vor der Belegschaft der G+J-Wirtschaftsmedien keinen überzeugenden Eindruck.

Die Mitarbeiter nahmen ihr vor allem übel, was in den letzten Tagen alles längst durchgesickert war – und wie die offizielle Kommunikation des Vorstands lief. Schon am Dienstag, einen Tag vor der eigentlich entscheidenden Aufsichtsratssitzung, hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung bereits das Aus für die Financial Times Deutschland (FTD) vermeldet. Dass Jäkel dem Blatt einen Tag vor der gestrigen Betriebsversammlung bereits ein Interview gab – wenn auch mit Sperrfrist bis zum heutigen Samstag –, kam auch nicht gut an. Da konnte sich Jäkel noch so „entsetzt“ über Indiskretionen zeigen, die „garantiert nicht aus dem G + J-Vorstand kamen“. Das hatte auch niemand unterstellt – das Leck wird in Gütersloh vermutet, ist Bertelsmann doch mit 75 Anteilsprozenten G + J-Mehrheitsaktionär. Und vielleicht noch angesäuert, weil die ursprünglich geplante Komplettübernahme des Hamburger Verlagshauses von der Familie Jahr vor ein paar Wochen platzte.

Nun wird allen Wirtschaftsmedienmitarbeitern an den Standorten Hamburg, Frankfurt am Main und weiteren Außenstellen gekündigt – nur das Berliner Büro bleibt bestehen. Hier soll Capital künftig eine neue Heimat finden. Und eine neue Ausrichtung gleich dazu: Das Monatsmagazin soll in der Hauptstadt „neu positioniert werden und eine stärker wirtschaftspolitische Ausrichtung erhalten“, so G + J. Neben der FTD und Capital gehören auch noch Impulse und Börse Online zu den Wirtschaftsmedien. Für beide Titel „besteht noch die Möglichkeit eines Verkaufs beziehungsweise der Fortführung im Rahmen eines Management Buy-outs“, schrieb der G + J-Vorstand in einer Rundmail an die Mitarbeiter. Aber es heißt weiter: „Sollten die Gespräche nicht zu einem erfolgreich Abschluss kommen, werden auch diese Titel eingestellt.“

Trotz des angekündigten schwarzen Freitags am Baumwall ergehen sich darin die G + J-Vorstände, neben Jäkel Torsten-Jörn Klein und Achim Twardy, in wohligen Sätzen über „unsere Wirtschaftsmedien“, die die „deutsche Medienlandschaft verändert“ hätten: „Darauf können die Kolleginnen und Kollegen stolz sein.“ Die haben nicht viel davon: 258 Jobs werden in Hamburg gestrichen, 42 in Frankfurt und weitere 14 an verschiedenen Außenposten.

Man habe diese Entscheidung mit Blick auf die Zukunft des ganzen Hauses treffen müssen, so der Vorstand: „Wir wollen ein wirtschaftlich starkes Haus sein, das für großen Journalismus, der die Entwicklungen in unserer Gesellschaft kritisch begleitet, genauso steht wie für hervorragend gemachte Unterhaltungsmedien. Beides hatte immer Platz unter unserem Dach. Das soll auch so bleiben.“

Für viele Wirtschaftsmedienmitarbeiter, denen nun im Januar gekündigt wird, blieb da eine Frage offen: „Wie soll das gehen, ohne uns?“