Der allerdickste Fisch

QUANTENSPRUNG Bayern Münchens Verpflichtung von Pep Guardiola verhilft der ganzen Bundesliga zu mehr Glanz. Doch passt der neue Trainer zum Club?

Bislang hat Guardiola außerhalb Barcelonas nicht in der großen Fußballwelt gewirkt

VON THOMAS BECKER

Verdächtig still war es zuletzt in der Chefetage des FC Bayern München geworden. Das lag weniger an der Winterpause, auch nicht an den Nachwehen von Uli Hoeneß’ Schweizer Geburtstagssause Anfang des Jahres. Nein, es galt einen Transfer zu moderieren. Keinen gewöhnlichen Wechsel, sondern einen, der „nicht nur dem FC Bayern, sondern auch dem deutschen Fußball viel Glanz verleihen kann“, wie Karl-Heinz Rummenigge in seiner zuweilen herrlich pathetischen Art sagte. Was am Dienstag von Bayern-Seite noch als „Unsinn“ bezeichnet wurde, war am Mittwoch um 16.49 Uhr Realität: Pep statt Jupp. Eigentlich keine Überraschung mehr – und doch ein Quantensprung.

Jupp Heynckes beendet nach der Saison seine Karriere, Pep Guardiola folgt ihm nach, ausgestattet mit einem Dreijahresvertrag. Wann genau vor Weihnachten er den schon unterschrieben hat und ob Heynckes sich zu diesem Zeitpunkt auch schon hundertprozentig sicher war, dass er wirklich aufhören will, sei einmal dahingestellt.

Fakt ist: Der Pep ist da. Was nicht nur den Wortspielschatz des Münchner Boulevards bereichern wird. Dortmund-Boss Watzke traf in seinem Statement den Punkt: „Eine Riesengeschichte für die Liga! Das gibt ihr international noch mehr Reputation.“ Wohl wahr. Wenn bisher die großen Namen des internationalen Fußballs verhandelt wurden, landeten die Big Boys am Ende doch immer da, wo das Geld den größten Haufen bildete. Guardiola ist der bisher dickste Fisch, den sich die Bundesliga angeln konnte. Andere Hochkaräter könnten ihm folgen, wenn die Financial-Fairplay-Auflagen des europäischen Fußballverbands der Schuldenmacherei in den englischen und spanischen Ligen ein Ende bereitet. So viel zur Liga.

Der Bayern-Guardiola-Deal sieht nach einer klassischen Win-win-Situation aus: Der Spanier brauchte nach dem Totalerfolg mit dem FC Barcelona eine neue Herausforderung und nicht zwingend einen Geldscheißer im Klub, sondern solides, souveränes Management. Da blieb eigentlich nur Bayern. Und Bayern wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Die spannende Frage, die so schnell nicht beantwortet werden wird, ist nun die: Kann Pep auch Bayern? Anders als sein Trainer-Antipode José Mourinho, aktuell bei Real Madrid, hat Guardiola bislang noch nicht in der großen weiten Fußballwelt gewirkt, sondern fast ausschließlich in seinem katalanischen Biotop Barça. Als Kicker ließ er seine Karriere in Brescia, beim AS Rom, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Mexiko ausklingen, als Trainer begann er bei Barcelonas B-Team – Mourinho stieß sich dagegen die Hörner in den Haifischbecken von Chelsea und Real Madrid ab.

Nun ist München kein Haifischbecken, sondern Weltstadt mit Herz, aber wie Guardiola sich mit den Gegebenheiten an der Säbener Straße zurechtfinden wird, wird spannend zu beobachten sein. Ex-Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld meinte: „Er passt zur Mentalität der Bayern. Er ist ein Trainer, der auch Zurückhaltung zeigt. Er ist sehr kommunikativ innerhalb des Vereins, was ja auch wichtig ist bei Bayern München. Er ist jung und hat jetzt ein halbes Jahr Zeit, die deutsche Sprache zu lernen. Das passt optimal.“

Man wird sehen. Da ist schließlich auch noch Sportvorstand Matthias Sammer. Der hat gerade den kompletten Unterbau der Bayern umgemodelt – ob das den Vorstellungen des Nachwuchsfreundes Guardiola entspricht? Ob „El Filósofo“, der coole Pep, und Feuerkopf Sammer zu einer Einheit wachsen? Und wer wird überhaupt Co-Trainer? Etwa Raúl? Mehmet Scholl? Oder doch Hermann Gerland?

Aber das sollen jetzt mal die Sorgen der Bayern sein. Die Spieler jedenfalls werden die Worte des Neuen begierig aufsagen, in welcher Sprache auch immer sie daherkommen werden. Die Fans werden noch aufmerksamer die Ballstafetten der Roten beäugen, und die Liga wird sich sonnen im Glanze des Allesgewinners Guardiola. Das Ziel der ganzen Aktion ist ja klar: Nach zwei verlorenen Champions-League-Finals muss nun endlich der Pott her, zefix!