Erotikzensur in Island: Wo fängt Porno an?

Auf Island wird über Porno-Internetzensur diskutiert. Gesetzesentwürfe sind in Arbeit. Der Innenminister glaubt, mit dem Thema im Wahlkampf punkten zu können.

Porno zensieren, aber die Freiheit des Internets erhalten. So sieht's der Innenminister. Bild: reuters

STOCKHOLM taz |Wird es in Reykjavík demnächst eine Internet-Zensurbehörde geben, die das Netz nach Pornoseiten durchforstet und für die 320.000 IsländerInnen alles wegfiltert? Innenminister Ögmundur Jónasson hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich ein Gesetz überlegen soll, das entsprechende Inhalte definieren und eine Blockade gegen deren Verbreitung auf Island möglich machen könnte.

Alles ist noch recht vage. Der Innenminister betont nämlich gleichzeitig, dass er grundsätzlich keinesfalls die Freiheit des Internets einschränken wolle, der sich Island durch eine vom Parlament mit großer Mehrheit verabschiedete „//immi.is/:Icelandic Modern Media“-Initiative verschrieben hat. Die soll das Land zu einer Art Medienfreistaat machen, hat sich in der Umsetzung aber als kompliziert erwiesen und ist nach wie vor in Arbeit. Eine Zensur wäre damit natürlich nur schwer in Übereinstimmung zu bringen.

Auch was die technische Umsetzung einer Inhaltskontrolle angeht, die ja nur spezielle Teile des Pornoangebots treffen soll, scheint man noch keine wirklichen Vorstellungen zu haben. Wenn man Menschen auf den Mond schießen kann, müsste auch das zu lösen sein, ist das noch das Konkreteste, was Halla Gunnarsdóttir, Beraterin des Ministers, dazu in einem Interview mit der britischen Daily Mail einfällt.

Ögmundur Jónassons Vorstoß ist auch in seiner eigenen links-grünen Partei umstritten – und wird in Island vorwiegend als das eingeordnet, was er vermutlich vor allem sein dürfte: ein Thema, mit dem die Partei glaubt, im Wahlkampf punkten zu können. Am 27. April finden Parlamentswahlen statt, laut Umfragen hat die rot-grüne Regierung keine Chance auf eine Wiederwahl.

Block-Online-Porn

Wenn die Überlegungen eines isländischen Ministeriums im britischen Daily Mail unter der Rubrik vermarktet werden, das Land könnte das erste sein, das eine Internet-Pornosperre einführt, dürfte das viel mit einer von der Zeitung seit Monaten betriebenen eigenen Block-Online-Porn-Kampagne zu tun haben, mit der das Blatt London zu einem entsprechenden Schritt veranlassen möchte.

Mit dem Hinweis auf ähnliche Überlegungen in Island glaubt man dieser Kampagne mehr Nachdruck verleihen zu können. Ein isländischer Vorstoß, sollte er überhaupt kommen, hätte keinerlei Aussicht auf eine Mehrheit im Parlament, schätzt jedenfalls die linksunabhängige Abgeordnete Birgitta Jóns.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.