DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Nazi-Musik-Erkenner

Was sagt uns das? Das Landeskriminalamt Sachsen hat eine Software entwickelt, die rechtsradikale Lieder identifiziert. Ähnlich wie beim Musikerkennungsdienst „Shazam“ könnte es dabei schnell zu Missverständnissen kommen

Wenn Polizisten Internetradio hören oder Datenträger beschlagnahmen, dann sollen sie schnell erkennen, ob die Lieder zum Rassenhass anreizen oder den Nationalsozialismus verherrlichen. Die Innenminister der Bundesländer beraten deshalb über eine neue Software, die dabei helfen soll, Musik strafrechtlich einzuordnen. Das Landeskriminalamt Sachsen hat einen Prototyp entwickelt: Der „Digitale-Audio-Fingerprint“ vergleicht die Musik mit einer Datenbank, ähnlich wie der Musikerkennungsdienst „Shazam“. In der Datenbank sind alle Medien, die auf dem Index der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien stehen. Eine Sprecherin des LKA Sachsen sagt: „Da dieser Abgleich über Text stattfindet, ist der Prozess sehr zeitintensiv und fehleranfällig.“

Deshalb soll nun die Maschine ran. Wie wird das aussehen? Es tönt „Fidschi, Fidschi, gute Reise“, der Polizist holt sein Handy aus der Tasche – „Moment, ich muss das Lied gerade mal shazamen“. Und was ist, wenn die Software mal nicht läuft, der Handyakku leer ist? „Raus, raus, raus, ihr seid verbannt, denn dies hier, das ist unser Land“ – steht das wohl auf dem Index?

Ausgerechnet bei den Beamten soll es effizient zugehen. Eine Maschine ersetzt das menschliche Gehirn. Ob sich das lohnt, für die drei Kaffeepausen-Zimtschnecken mehr? Rechtsextreme dichten ja gerne Schunkellieder um, so sind sie einprägsamer. Der Eiermann-Partykracher von Klaus & Klaus (1989), „Klingelingeling, Klingelingeling, kommen sie alle an die Eier ran“, heißt dann: „Jetzt sind die Abnormalen dran.“ Der Sonderzug nach Pankow kann auch nach Mekka gehen. Und wird da gerade gesungen: „Da-Da-Da ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht“ oder doch: „Was ist los mit dir Kanak? Da-Da-Da, ich will dich nicht, ich hasse dich.“ Hoffentlich erkennt die Software das Original von 1982 und nicht die „Zillertaler Türkenjäger“. „Eeey, ab in den Süden“ sollte auf der nächsten Ballermann-Party auch leiser gesungen werden, denn die Software könnte es als Stück von „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ deuten: „der Sonne entgegen, dem Abschub hinterher“.

Aber: Das muss nicht unbedingt schlecht sein, denn wer hat schon etwas gegen eine gute Party? Zur Not eben auf dem Revier.

JULIA NEUMANN