PREISE FÜR SNOWDEN? DA MACHEN WIR ES UNS ETWAS LEICHT
: Zeichnet euch doch selber aus

MEIKE LAAFF

Ossietzky-Medaille. Alternativer Nobelpreis. Stuttgarter Friedenspreis. Auszeichnung um Auszeichnung wird derzeit bei Edward Snowden abgeladen.

Jaja, richtig und wichtig ist das natürlich. Presse für wichtiges Thema. Kudos für einen Mann, dessen Veröffentlichungen und die gigantischen persönlichen Risiken, die er dafür in Kauf genommen haben, natürlich den größten Respekt verdienen. Ohne Frage. Umso wichtiger, weil Aufmerksamkeit der beste Schutz ist, den er kriegen kann. So wie jeder andere, der sich mächtige Feinde gemacht hat.

Und trotzdem wird mir inzwischen schlecht von diesem ganzen Snowden-Ausgezeichne. Und zwar unseretwegen.

Es ist unglaublich bequem, Whistleblower, die alles riskiert haben, auf den Heldensockel zu hieven. Da mögen sie stehen, da möge ihnen der scharfe Wind um die Nase blasen, während wir unten schön geschützt in den Menge stehen und ihnen applaudieren. Den Greenwalds und Mannings, den Aaron Swartzs und ja, selbst diesem Assange, und allen anderen, die sich den Arsch aufreißen dafür, die Reste des freien Internets und der unüberwachten Kommunikation zu verteidigen. Egal wie hoch die Kosten dafür sind. Großartig, dass es so mutige, fähige Leute gibt. Irgendjemand wird sie schon unterstützen, diese Mutigen, die da unsere freiheitlichen, digitalen Grundwerte durchkämpfen. Wir selbst sind es meist nicht.

Die Snowden-Enthüllungen hätten das Tschernobyl der globalen Internetbewegung sein können: gigantische Katastrophe, fast jeder betroffen, das volle Programm. Anderthalb Jahre ist das jetzt her. Und verpufft. Keine Massenbewegung. Nichts. Es gibt keine politischen Veränderungen, keine Beschneidung der Befugnisse von Geheimdiensten. Weil der Aufschrei der globalen digitalen Zivilgesellschaft dann doch nicht lauter war als ein zaghaftes „Mäh“. Und es ist einfach nicht so, dass die Mehrheit der Nutzer heute vorsichtiger, verschlüsselter kommuniziert.

Und nein, ganz ehrlich: Dass die Messenger-App Threema, mit der man seine Nachrichten verschlüsselt schicken kann, immer beliebter wird, ändert daran in der Sache überhaupt nichts.

Wir sind zynisch geworden. An Witzen über NSA-Überwachung herrscht kein Mangel. Deutlicher kann man seine Resignation, seine Hilflosigkeit nicht zum Ausdruck bringen. Ansonsten warten wir. Irgendjemand von den üblichen Verdächtigen wird das mit dem freien Internet schon richten.

Montag Barbara Dribbusch Später

Dienstag Deniz Yücel Besser

Montag Josef Winkler Wortklauberei

Dienstag Jacinta NandiDie gute Ausländerin

MittwochÜberraschungÜberraschung

Ex-Pirate-Bay-Sprecher und Flattr-Gründer Peter Sunde ist deswegen in der vergangenen Woche mal kurz der Kragen geplatzt. „Ich bin für mein Anliegen in den Knast gegangen. Was hast du getan?“, schreibt Sunde in der britischen Wired. Ärgert sich über alle, die ihn jetzt anranzen, weil Pirate Bay nach einer Razzia nun endgültig dichtgemacht hat. Und dass sie ein Trugschluss sei, diese Annahme, die Hollywood uns beigebogen hat, dass am Ende automatisch immer die Guten gewinnen.

Womit er ganz recht hat. Wir sollten keine Helden brauchen. Keine Ausgezeichneten. Sondern uns einfach endlich selber mal was trauen.