Fremdnützige Forschung

SCHWEIZ Abstimmung über Grenzen der Menschenwürde

Was sind die Grenzen für Forschung an Menschen? Soll es erlaubt sein, Medikamente an Kindern oder an Demenzkranken zu erproben – selbst wenn sie nichts davon haben? Über diese Fragen im Spannungsfeld von Menschenwürde und Forschungsfreiheit diskutiert seit Monaten die Schweiz, ein Land mit großen Pharmafirmen und renommierten Forschungseinrichtungen wie der Universität Zürich.

Am Sonntag werden die SchweizerInnen in einer Volksabstimmung unter anderem darüber entscheiden, ob die fremdnützige Forschung auch bei nicht einwilligungsfähigen Menschen erlaubt sein soll. Zur Abstimmung steht der neue Verfassungsartikel 118b, der Grundsätzliches für die Forschung am Menschen regelt.

Biologische und medizinische Forschung mit Menschen, so sieht es der Artikel 118b vor, muss vier Grundsätze beachten: Jedes Forschungsvorhaben setzt die Einwilligung der Versuchsperson oder ihres Vertreters nach ausreichender Aufklärung voraus. Risiken und Belastungen der Teilnehmer dürfen nicht im Missverhältnis zum Nutzen der Forschung stehen. Mit urteilsunfähigen Personen darf nur geforscht werden, wenn sich gleichwertige Erkenntnisse nicht anders gewinnen lassen. Schließlich muss jedes Projekt von einer unabhängigen Stelle, etwa einer Ethikkommission, überprüft werden.

Unterstützt wird der Artikel von nahezu allen Parteien. Auch Wissenschaftsorganisationen und Wirtschaftsverbände werben für ein Ja. Mit unterschiedlichen Argumenten lehnen etwa die Schweizerische Volkspartei und die forschungskritische Gruppe „Basler Appell gegen Gentechnologie“ den Artikel 118b ab. Der rechtskonservativen Volkspartei geht die „Forschungsfreiheit“ nicht weit genug. Sie fürchtet um die Geschäfte der Pharmafirmen.

Der „Basler Appell“ hingegen lehnt die Forschung mit „Urteilsunfähigen“ ab. Wenn Kinder, Demente oder andere „urteilsunfähige“ Personen nicht von den Ergebnissen der Forschung an ihnen direkt profitierten, müsse man die Experimente ablehnen. Die beiden großen Kirchen der Schweiz begrüßen zwar im Grundsatz eine bundeseinheitliche Regelung der Humanforschung, sehen aber auch die fremdnützige Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Menschen sehr kritisch. (epd, wlf)