Lokführer-Tarifstreit: Geißler und Biedenkopf vermitteln

Am Freitag entscheidet das Gericht über die Zulässigkeit eines Lokführer-Streiks. Die Bahn bestätigte indes, dass zwei Ex-Unionspolitiker vermitteln werden.

Sollen im Tarifstreit vermitteln: Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf Bild: dpa

Das Nürnberger Arbeitsgericht wird am Freitag Morgen um 10 Uhr unter besonderer Beobachtung stehen: Die Anwälte von Bahn AG und Lokführergewerkschaft GDL streiten zunächst einmal darüber, ob in Deutschland in den nächsten Tagen die Züge fahren werden. Gewinnt die GDL, wird sie überlegen, am Wochenende den Güterverkehr zu bestreiken. Doch für Gewerkschafter steht in Nürnberg noch viel mehr auf dem Spiel: Sie fürchten einen "Angriff auf das Streikrecht".

Am Mittwoch hatte das Arbeitsgericht Nürnberg entschieden, der Lokführergewerkschaft GDL den Streik per einstweiliger Verfügung bis zum 30. September zu verbieten. Die Entscheidung muss nach der Verhandlung am Freitag noch einmal bestätigt werden. Die Begründung des Gerichts: Durch den Streik drohten "der gesamten Volkswirtschaft insbesondere in der Hauptreisezeit immense wirtschaftliche Schäden".

Es ist vor allem diese Begründung, die die Gewerkschafter nun auf die Barrikaden treibt. Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Michael Sommer, nannte die Argumentation "geradezu gefährlich". Es sei gerade der Sinn von Streiks, ökonomischen Druck auf die Arbeitgeber auszuüben. Auch Verdi-Chef Frank Bsirske kritisierte die Nürnberger Entscheidung als "offene Parteinahme für die Arbeitgeber". Auch bei Arbeitsrechtlern stieß das Nürnberger Urteil auf heftige Kritik. Der Direktor des Göttinger Instituts für Arbeitsrecht, Rüdiger Krause, nannte das Urteil "bedenklich". Zwar sei das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zwischen Streikrecht und verursachten Schäden in der Rechtsprechung anerkannt. Doch: "Nach dem Verbot hat die GDL gar nicht mehr die Chance, verhältnismäßig zu agieren." Krause ist kein früherer Fall bekannt, in dem ein Streik wegen wirtschaftlicher Auswirkungen als unverhältnismäßig verboten wurde. Bisher ist das Argument der Verhältnismäßigkeit vor allem gegen Arbeitgeber genutzt worden, die auf kurze Warnstreiks mit massiven Aussperrungen geantwortet hatten.

Auf Kritik stieß auch die Praxis der Bahn, an zahlreichen Arbeitsgerichten gleichzeitig aufzutreten. "Es ist misslich, dass die Bahn jedes Arbeitsgericht in Deutschland anrufen kann, es ihr aber reicht, bei einem einzigen erfolgreich zu sein", so Krause. Vor der Nürnberger Entscheidung war die Bahn mit ihrem Antrag wiederholt gescheitert.

Die Gewerkschaft der Lokführer muss die Gerichtsentscheidung dennoch sehr ernst nehmen. Verstieße sie gegen das Streikverbot, müsste sie nicht nur mit Strafzahlungen an das Gericht rechnen, sondern auch mit Schadensersatzforderungen der Bahn in Millionenhöhe. "Die wären sofort pleite", schätzt Arbeitsrechtler Krause.

Parallel zum Rechtsstreit bemühten sich beide Seiten gestern um eine Mediation. Die früheren CDU-Politiker Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf werden Vermittler. Das bestätigte der Konzern am Donnerstag in Berlin. Bahnchef Hartmut Mehdorn erklärte, er sei "sehr froh, dass sich zwei erfahrene Moderatoren und anerkannte Persönlichkeiten bereit erklärt haben, diese anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen."

In Hamburg und Berlin hatte die GDL am Donnerstagmorgen zwei Stunden lang den S-Bahn-Verkehr bestreikt. Die S-Bahnen der beiden Städte gehören nicht zur Nahverkehrstocher der Bahn, DB Regio. Sie sind daher nicht von einem Streikverbot betroffen, das das Arbeitsgericht Chemnitz verhängt hat.

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