Fehmarnbrücke lohnt nicht

Die Rentabilitätsberechnungen der umstrittenen Verbindung beruhen auf einem Ölpreis von 26 US-Dollar. Auf der Öresundbrücke stagniert der Verkehrsfluss auch schon

STOCKHOLM taz ■ Der Autoverkehr über die Öresundverbindung zwischen Dänemark und Schweden wächst nicht mehr. Im Juli fuhren im Schnitt täglich 24.000 Fahrzeuge über die Brücke. Das waren nicht mehr als vor einem Jahr. Damit stagnierten die Verkehrszahlen erstmals seit ihrer Eröffnung im Jahr 2000. Möglicherweise hat die Auslastung damit ihren Zenit erreicht. Interessant ist das vor allem angesichts der umstrittenen Pläne für eine Brücke über den Fehmarnbelt. Die Berechnungen für ihren Bau basieren auf der Schätzung, dass sie ab 2018 von endlosen Autokolonnen genutzt wird.

Angedeutet hatte sich die Entwicklung des Öresundverkehrs bereits in den letzten Monaten. Nachdem das Verkehrswachstum bislang durchschnittlich 15 Prozent im Jahr betragen hatte, war es im ersten Halbjahr 2008 plötzlich auf 8,5 Prozent gefallen – und hatte damit alle Prognosen über den Haufen geworfen. Noch im Januar hatten die Experten geglaubt, dass die Fahrzeugströme noch bis 2025 jährlich um weiterhin 14 Prozent zunehmen würden. Das Brückenkonsortium zeigt sich nun „überrascht“ und macht die steigenden Benzinpreise verantwortlich.

Und hier liegt die Crux: Die Schätzungen für die Brücke über den Fehmarnbelt beruhen nämlich zu einem erheblichen Teil auf elf Jahre alten und mittlerweile völlig überholten Szenarien: Sie gehen von Benzinkosten aus, die auf einem Ölpreis von maximal 26,60 US-Dollar im Jahr 2015 basieren. Bekanntlich ist Öl nun schon sieben Jahre vorher fast fünfmal so teuer .

Ein so viel höherer Ölpreis werde selbstverständlich Auswirkungen auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen und damit auch die finanziellen Grundlagen für das Projekt haben, meint Per Homann Jespersen, dänischer Professor mit dem Schwerpunkt Verkehrs- und Mobilitätsanalysen an der Universität Roskilde. „Bei 26 Dollar landet der Ölpreis aber ganz sicher nie mehr.“

Doch an eine Neuberechnung denkt man bei Sund & Bælt nicht. Das ist die Analysegesellschaft, die der dänischen und der deutschen Regierung die Daten geliefert hat und die den Brückenbau gerne einmal managen will. Man werde die Rentabilitätsberechnungen erst aufdatieren, wenn der Vertrag zwischen Deutschland und Dänemark unterzeichnet sei, lautet die merkwürdige Erklärung von Sund-&-Bælt-Direktor Peter Lundhus für das weitere Arbeiten mit überholten Uraltzahlen. „Es ist ja eine politische Frage, ob es eine Brücke geben soll oder nicht.“

Kann es sein, dass eine Bauentscheidung mit so schwerwiegenden Umwelteingriffen ganz unabhängig vom volkswirtschaftlichen Nutzen getroffen wird? Per Homann Jespersen findet das „zutiefst zu kritisieren“. Er wundert sich aber nicht: „Bei dieser Brücke ging es von Anfang an so viel um Prestige und wirtschaftliche Interessen, dass man alle Analysen, die Fragen aufgeworfen haben, ignoriert hat.“ Beispielsweise Untersuchungen, die zeigen, dass ein wesentlich geringerer Anteil des Lkw-Verkehrs über eine solche Brücke fahren würde als prognostiziert.

Auch zu diesem Aspekt dürfte sich ein Blick auf die aktuellen Zahlen der Öresund-Verbindung lohnen – am besten noch vor Abschluss des Staatsvertrags, den Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) für das dritte Quartal angekündigt hat. Der letzte Vierteljahresbericht zeigt, dass der Marktanteil der Öresund-Brücke bei Lkws und Bussen zurückgegangen ist: Der Verkehr benutzt wieder die Fähren.