CO2-Unfall in Mönchengladbach: Unterschätzte Gas-Gefahren

Kohlendioxid soll in großen Mengen unter die Erde gepumpt werden. Dadurch werden Gas-Unglücke wie in Mönchengladbach wahrscheinlicher, warnen Experten.

Der erste unterirdischen CO2-Speicher wird in Ketzin im Havelland getestet. Bild: dpa

DORTMUND taz Nach dem Kohlendioxid-Unfall in Mönchengladbach haben Kritiker vor ähnlichen Unglücken gewarnt. "Die bisherigen Vorkehrungen zum Schutz von Menschen und Umwelt vor CO2-Freisetzungen reichen nicht aus", sagte Oliver Kalusch vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz. Bessere Alarm- und Schließsysteme und ein größerer Abstand zu Wohngebieten seien notwendig, um die Bevölkerung vor ähnlichen Unfällen zu schützen. "Die gesundheitlichen Gefahren des CO2 werden oft noch unterschätzt", sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn der taz.

Die genauen Ursachen des Unglücks standen gestern immer noch nicht fest. Am Samstag wurden 107 Personen verletzt, nachdem eine Löschanlage in einem brennenden Lack-Lager große Mengen CO2 freigesetzt hatte. Mindestens 6 Menschen sind durch die Gaswolke, die sich auch außerhalb des Lagers ausgebreitet hatte, in Ohnmacht gefallen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen Körperverletzung und Umweltstraftaten gegen unbekannt.

Umweltschützer fürchten, dass sich ähnliche Unfälle in Zukunft durch die geplante Speicherung von Kohlendioxid im Erdboden wiederholen könnten. Mit dem Verfahren sollen die klimaschädlichen Emissionen von Kraftwerken verringert werden. "Wenn man bedenkt, welche riesigen Mengen in Zukunft transportiert und gelagert werden sollen, dann muss mit erheblichen Risiken gerechnet werden", so Grünen-Abgeordnete Höhn.

Allein moderne Braunkohlekraftwerke würden auf diesem Weg mehrere Millionen Tonnen jährlich abscheiden. Sollte das Gas schlagartig austreten, könnten Menschen in nächster Umgebung des Loches im Extremfall ersticken. Da Kohlendioxid schwerer ist als Luft, lagert es sich bei Windstille vor allem in Bodensenken ab. Erste Versuchsspeicher gibt es bereits. Im brandenburgischen Ketzin wird seit Ende Juni CO2 in mehr als 600 Meter tiefe Erdschichten geleitet.

Von den Lagerstätten selbst gehe aber nur eine geringe Gefahr aus, glaubt Experte Peter Gerling vom Bundesamt für Geowissenschaften. "Durch das kleine Bohrloch der geplanten Speicher sind explosionsartige CO2-Ausbrüche nicht zu erwarten, zudem ist die Luft meistens in Bewegung." Außerdem würden die Gesteinsschichten das Gas gut binden, auch wenn langfristig kleinere Mengen CO2 entweichen könnten.

Anders sieht das bei der Abscheidung und dem Transport aus. Das Kohlendioxid müsste von den Kraftwerken mit Pipelines in geeignete Lagerstätten, die vor allem in Norddeutschland liegen, transportiert werden: ein zu wenig beachtetes Risiko, kritisiert Bärbel Höhn. Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie fordert, die Leitungen sollten zumindest nicht durch Senken führen, um Unfälle wie in Mönchengladbach zu vermeiden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.