Dioxin-vergiftet: Mozzarella mit Beigeschmack

Büffel-Frischkäse aus Kampanien ist mit dem Krebsgift Dioxin belastet. Der Grund dafür könnte jahrzehntelange illegale Müllentsorgung in der Region sein. Rom wiegelt ab.

Lecker Mozzarella? Sieht auf einmal so wiederlich aus... Bild: dpa

ROM taz Erst verhängte Südkoreas Regierung einen Einfuhrstopp für Büffelmozzarella aus dem süditalienischen Kampanien. Dann zog Japan nach, und schließlich kündigten Russland ebenso wie die USA verschärfte Kontrollen an, während die EU-Kommission einen Ausfuhrstopp in die gesamte EU erwägt. Der brisante Verdacht: In dem saftigen Frischkäse ist Dioxin.

Dioxine reichern sich in der Nahrungskette an und können das Nerven- und Immunsystem sowie die Leber schädigen, Chlorakne hervorrufen und Krebs auslösen. Ob die in Japan oder Korea blockierten Export-Chargen belastet waren, ist bisher nicht bekannt. Für den Verdacht gibt es jedoch gute Gründe. Nach den Ergebnissen der in den vergangenen Wochen durchgeführten Kontrollen, die das Gesundheitsministerium in Rom gestern an Brüssel weiterleitete, waren die Dioxin-Grenzwerte in 25 von 170 Mozzarella-Käsereien rund um Neapel überschritten. Daraufhin wurden 83 Büffel-Farmen, aus denen die Giftmilch stammte, geschlossen. Und auch die Ermittler der Carabinieri, die in dieser Woche ausrückten, um 79 Büffel-Zuchtbetriebe und 26 Käsereien zu prüfen, wurden in mindestens neun Fällen fündig. Genaue Resultate sollen in einem Monat vorliegen.

Der Branche, die in Kampanien etwa 20.000 Menschen beschäftigt, drohen damit verheerende Konsequenzen. Schon zuletzt war sie auf dem heimischen Markt Opfer der Müllkatastrophe von Neapel und Kampanien geworden. Angeekelt von den Horrorbildern, hatten viele Verbraucher kampanischen Mozzarella vom Einkaufszettel gestrichen. Der Umsatzverlust betrug 30 Millionen Euro.

Dabei hat die Dioxin-Belastung des Mozzarellas absolut nichts mit dem akuten Müllnotstand zu tun. Der auf den Straßen herumliegende Hausmüll hat die Weiden nicht vergiftet. Dahinter steckt ein zweiter Müllskandal ganz anderer Natur: Gerade in der Provinz Caserta nördlich von Neapel gedieh neben der Mozzarella-Produktion über Jahrzehnte ein weiterer Erwerbszweig prächtig: die illegale Entsorgung von Giftmüll aus ganz Italien. Oft sind es die Mafiosi der Camorra, die irgendwo ein Loch graben, um ganze LKW-Ladungen voller Industrie-Sondermüll inklusive Dioxin, Blei oder Asbest im Erdreich zu versenken. Hunderte illegaler "Deponien" entstanden so, oft genug in direkter Nachbarschaft zu Landwirtschaftsbetrieben.

Dennoch gibt Italiens Regierung schon mal Entwarnung: Die Reaktionen des Auslands seien "Medienblasen" und "Psychosen". Schließlich lägen alle positiven Proben nur "geringfügig" über (soll wohl heißen: praktisch fast unter) dem Grenzwert. Und während Italiens Medien diese Position mit den trotzigen Bekenntnissen vieler Prominenter stützen, weiter Mozzarella zu verzehren, legen die Produzenten nach: Die bei den Kontrollen aufgefallenen Betriebe seien in Wirklichkeit kleine Klitschen, die gar nicht für den Export arbeiteten. Trotzdem: Auf dem Inlandsmarkt verzeichnet die Branche einen Umsatzeinbruch von 60 Prozent.

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